Warum die Sprache der AfD so gefährlich ist, hat der Literaturprofessor Heinrich Detering analysiert. Das sind seine wichtigsten Erkenntnisse. Immer wieder wird der AfD, Vertretern wie Anhängern, vorgeworfen, dass sie durch ihre Rhetorik Hass schüren und Menschen indirekt animieren, verbale oder körperliche Grenzen zu überschreiten. Ohne die AfD zu nennen, hatte Bundeskanzlerin Merkel nach den Morden in Hanau gesagt: “Rassismus ist ein Gift, der Hass ist ein Gift.” Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und Arbeitsminister Hubertus Heil hatte die AfD als geistige Brandstifter bezeichnet. Einer, der sich intensiv mit der Sprache der AfD beschäftigt hat, ist der Sprach- und Literaturwissenschaftler Heinrich Detering. 2019 schrieb er das Reclam-Büchlein “Was heißt hier ‘wir’? Zur Rhetorik der parlamentarischen Rechten.” Wir dokumentieren an dieser Stelle einige Auszüge, um zu zeigen, wie rhetorisch taktisch und bewusst viele prominente Protagonisten der Partei reden und Sprache öffentlich für ihre Zwecke instrumentalisieren. In der Einleitung begründet Detering zunächst allgemein, was bestimmte Begriffe erreichen sollen und schreibt: “‘Vogelschiss’, ‘Entsorgung’ und ‘Messermänner’ sind Beispiele für eine Verhexung des politischen Diskurses durch Wörter, genauer: durch Schlagwörter und Kampfvokabeln, kalkulierte provozierende Verstöße gegen Höflichkeitsregeln und Taktempfinden, die sich die Verstoßenen als Trophäen ihres vorgeblichen Kampfes gegen Denkschablonen und Sprechverbote einer allgegenwärtigen political correctness ans Revers heften.” Ziel ist für Detering nichts anderes, als das “Abstecken von claims”, “um den Ehrgeiz, mit Reizvokabeln die Grenzen des Sagbaren auszuweiten, um die Steuerung der öffentlichen Aufmerksamkeit.” (..) Auf dem Bundeskongress der Jungen Alternativen am 2. Juni 2018 erklärt Gauland: “Wir haben eine ruhmreiche Geschichte… Und die, liebe Freunde, dauerte länger als die verdammten zwölf Jahre. Und nur, wenn wir uns zu dieser Geschichte bekennen, haben wir die Kraft, Zukunft zu gestalten. Ja, wir bekennen uns zu unserer Verantwortung für die zwölf Jahre. Aber… Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über tausend Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.” Detering schreibt, dass sich hier erneut überdeutlich die Wirkungsmacht der Provokation zeige – natürlich durch das Wort “Vogelschiss”. Detering schreibt: “Was immer es ist, das die tausendjährige deutsche zu einer Erfolgs-Geschichte macht, die Nazis und ihre zwölf Jahre kommen darin nicht vor; sie sind kein Teil davon, sondern bleiben außerhalb der Zählung…, wer von seiner geschichtlichen Verantwortung so spricht, der hat sie… damit abgestreift.” Über die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz, die aufgezählt hatte, wie vielfältig deutsche Kultur ist und sein kann, sagte Gauland vor AfD-Anhängern im Eichsfeld: “Ladet sie mal ins Eichsfeld ein, und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Dann kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können.” Detering fragt sich: “Welches Spezifikum der spezifisch deutschen Kultur, von der Gauland spricht, “sollte hier Frau Özuguz vermittelt werden. Welcher Art solle diese Vermittlung denn sein, wenn “die Adressatin anschließend ‘entsorgt’ werden muss”?. Detering hat auch eine Antwort darauf, sie lautet: “Es sind die Vertreter… jener spezifisch deutschen Kultur. Sie gleichen zum Verwechseln Bandenmitgliedern, die es ihren Opfern erst mal so richtig zeigen, sie dann erledigen und schließlich entsorgen. Nein, Gaulands Sprache ist auch hier wahrhaftig nicht die Sprache Goethes und Fontanes. Sie ist bloß der schlecht verkleidete Jargon von Gangstern.”

via tagesspiegel: Zur gefährlichen Rhetorik der AfD „Gaulands Sprache ist der schlecht verkleidete Jargon von Gangstern“