Neue Ermittlungen zu Drohschreiben des NSU 2.0: Nach Recherchen von WDR und SZ sollen auch in Berlin und Hamburg persönliche Daten von Betroffenen über Polizeicomputer abgefragt worden sein. Mehr als 80 Drohschreiben, unterzeichnet mit “NSU 2.0”, sind in den vergangenen Jahren an Politikerinnen, eine Anwältin, Künstlerinnen und Aktivistinnen verschickt worden. Die betroffenen Personen, darunter die Frankfurter Juristin Seda Basay-Yildiz, der “Welt-“Journalist Deniz Yücel und die hessische Linken-Politikerin Janine Wissler, wurden darin nicht nur beleidigt und verunglimpft – sondern ihnen wurde auch mit dem Tod gedroht. (…) Der Verdacht besteht, dass die Informationen über polizeiliche Systeme abgefragt wurden. Denn in der Vergangenheit waren bereits verdächtige Abfragen über Polizeicomputer in Frankfurt am Main und in Wiesbaden festgestellt worden. Mehrere Polizisten waren daraufhin vom Dienst suspendiert worden. Wer die Drohschreiben tatsächlich verschickt hat, ist allerdings bis heute unklar. Nach Recherchen von WDR und “Süddeutscher Zeitung” (SZ) haben die Ermittlungen des hessischen Landeskriminalamtes (LKA) zum Bedrohungssachverhalt NSU 2.0 kürzlich ergeben, dass nicht nur in Hessen verdächtige Abfragen über Polizeicomputer erfolgten, sondern wohl auch in Berlin und Hamburg. Ein dienstlicher Anlass für die Abfragen soll dabei zumindest zunächst nicht erkennbar gewesen sein. In Berlin sollen Anfang März 2019 persönliche Daten der Kabarettistin Idil Baydar abgefragt worden sein – und zwar zeitnah zu einer Abfrage an einem Polizeicomputer im 4. Polizeirevier in Wiesbaden. Kurz darauf erhielt die Künstlerin, die in Frankfurt und Berlin lebt, Drohschreiben des NSU 2.0. In Hamburg wiederum stellte die Polizei fest, dass die Daten der “taz”-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah in polizeilichen System aufgerufen worden waren. Auch sie erhielt kurz darauf eine Drohemail, die mit NSU 2.0 unterzeichnet waren.

via tagesschau: Rechtsextreme Drohschreiben Weitere verdächtige Abfragen über Polizeicomputer

siehe auch: Affäre um rechtsextreme Drohmails weitet sich aus. Neue Spuren weisen zur Polizei: Nicht nur in hessischen Dienststellen soll es grundlose Abfragen nach Daten der Opfer gegeben haben, sondern auch in Hamburg und Berlin. Seit zwei Jahren kommen diese Drohungen, seit zwei Jahren erhalten Frauen wie die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız, die Künstlerin İdil Baydar oder die hessische Linkenpolitikerin Janine Wissler anonyme Schreiben, in denen ihnen im Namen von “NSU 2.0” extreme Gewalt angedroht wird. Immer wieder weisen Spuren in Richtung der hessischen Polizei. Denn immer wieder enthalten die Schreiben vertrauliche Daten, die kurz zuvor an Polizeicomputern in Hessen abgerufen worden sind – so im 1. Polizeirevier in Frankfurt am Main und zuletzt im 4. Polizeirevier in Wiesbaden. Offenbar hat es solche verdächtigen Datenabfragen aber noch in mehr Bundesländern gegeben als bislang bekannt. Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung und des WDR laufen interne Ermittlungen der Polizei nun auch in Hamburg und Berlin. So sollen am 5. März 2019 persönliche Daten der Künstlerin İdil Baydar an einem Berliner Polizeicomputer abgefragt worden sein, ohne dass ein dienstlicher Grund erkennbar ist. Kurz darauf erhielt die Künstlerin, die in Frankfurt und Berlin lebt, Drohschreiben mit dem Absender “NSU 2.0”. Am selben Tag hatte es – was bereits bekannt war – eine solche Abfrage auch an einem Polizeicomputer in Wiesbaden gegeben.