Die Kabarettistin Idil Baydar erhält Drohbriefe vom “NSU 2.0”, nachdem ihre persönlichen Daten aus einem Polizeicomputer abgerufen wurden. Aus Angst wurde Wut – auf Behördenversagen, Polizeigewalt und Diskriminierung. Sie verteidigt umstrittene Kollegen wie Lisa Eckhart und Dieter Nuhr – verlangt von ihnen aber, mehr nachzudenken. Frau Baydar, gibt es “Cancel Culture” in Deutschland? Natürlich gibt es die. Seit Jahrzehnten. Gegen uns! Uns? Uns Migranten. Wir werden permanent gecancelt. Seit 60 Jahren leben die Deutschen und wir in diesem Land nebeneinander her. Und egal, was wir tun, wir müssen uns als rückständig, integrationsunwillig, unterdrückte Unterdrücker beschimpfen lassen. Und dann sollen wir permanent dankbar sein, dass wir hier leben dürfen. Aber wir machen das nicht mehr mit. Ihr könntet jetzt mal dankbar sein, dass wir bei euch überhaupt leben wollen. (…) Ihre persönlichen Daten wurden widerrechtlich in einem hessischen Polizeicomputer abgefragt, danach erhielten Sie Drohnachrichten vom “NSU 2.0”. Wie ist der Stand der Ermittlungen? Ich habe gerade mit dem Landeskriminalamt in Wiesbaden telefoniert und ihnen genau diese Frage gestellt. Die Antwort war: “Das können wir Ihnen nicht sagen.” Mir können sie nichts sagen, aber meine Daten an Nazis weitergeben, das können sie! Dann wundert es mich nicht, dass die Täter sich so unglaublich sicher fühlen. Die wissen, dass ihnen nichts passiert. Die Anwältin Seda Basay-Yildiz hat das erste Mal vor zwei Jahren solche Drohungen bekommen. Zwei Jahre! Und was ist passiert? Nichts! Werden Sie beschützt? Was hat Ihnen die Polizei geraten? Ich hatte ein Gespräch beim Staatsschutz. Der Beamte hat mir geraten, die Telefonnummer zu wechseln. Aber damit hört es doch nicht auf! Das ist ja fast wie der klassische Satz “Trag keinen Minirock, dann wirst du nicht vergewaltigt.”

via rnd: Bedrohte Kabarettistin Idil Baydar: “Soll ich mal Tacheles reden?”

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Von © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), CC BY-SA 4.0, Link