Medizinstudent Malone Mukwende suchte in Lehrbüchern nach Krankheitssymptomen auf dunkler Haut – vergeblich. Also schrieb er selbst eins. Im Interview erklärt er, warum das Leben retten könnte. In Reportagen, Analysen, Fotos, Videos und Podcasts berichten wir weltweit über soziale Ungerechtigkeiten, gesellschaftliche Entwicklungen und vielversprechende Ansätze für globale Probleme. “Und wie würde das auf dunklerer Haut aussehen?” Unzählige Male hat Malone Mukwende im Unterricht diese Frage gestellt. Der 20-Jährige studiert an der St George’s, der medizinischen Fakultät der University of London. Vor Kurzem hat er sein zweites Studienjahr abgeschlossen. Mukwende möchte Arzt werden, “Leben retten”, wie er sagt. Doch bereits in seiner ersten Unterrichtseinheit fiel ihm auf, dass seine Dozenten Krankheitssymptome lediglich an weißer Haut erklärten und in seinen Fachbüchern keine Beispiele für andere Hautfarben zu finden waren. “Hautausschlag, Blutergüsse oder blaue Lippen, das können wichtige Indizien für schwere Krankheiten sein”, sagt Malone. “Wer aber schwarze Lippen hat, bei dem sehen sie nicht blau aus. Und auch Flecken oder Ausschlag zeigen sich anders.” Ein Großteil der Weltbevölkerung hat keine weiße Haut. Ein Großteil der medizinischen Lehrbücher bezieht sich jedoch ausschließlich auf Hellhäutige. “Im schlimmsten Fall werden Menschen mit anderen Hautfarben deshalb falsch behandelt”, sagt Malone Mukwende. “Eine Fehldiagnose kann tödliche Folgen haben.” Viele Ärzte lernen in ihrer Ausbildung ausschließlich, wie sich Krankheiten auf weißer Haut zeigen. Das kann zu gravierenden Fehldiagnosen bei People of Color führen Zwar gibt es einige Fachpublikationen, die sich inzwischen gezielt mit Krankheitssymptomen auf verschiedenen Hautfarben auseinandersetzen. Doch Mukwende sagt, er glaube nicht, “dass sie die Anerkennung haben, die sie verdienen. Sie wurden größtenteils ignoriert.” Er beschloss, selbst etwas zu tun. Mit einem Stipendium seiner Universität begann er im vergangenen Jahr Bilder und Anzeichen von Krankheiten zu sammeln. Dann schrieb er gemeinsam mit zwei Co-Autoren “Mind the Gap: A Handbook of Clinical Signs in Black and Brown Skin”. Der Titel des Handbuches bezieht sich auf Warnschilder in der Londoner U-Bahn. Sie erinnern Fahrgäste an die Lücke zwischen Bahnsteig und Zug. Wer dort hineinfällt, kann schwer verletzt werden. “Und wenn wir uns Wissenslücken nicht gewahr werden, werden Menschen überall auf der Welt weiterhin falsch diagnostiziert”, sagt Mukwende.

via spiegel: Rassismus in der Medizin “Es sollte normal sein, einen geschwollenen schwarzen Arm zu sehen”

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