Rund 1000 Besucher_innen zieht es am Abend des 17. Oktober 1987 in die Ostberliner Zionskirche zum Punkkonzert mit den Bands „Element of Crime“ (Berlin-West) und „Die Firma“ (Ost-Berlin). Für Punkbands gibt es in der DDR kaum Auftrittsmöglichkeiten – wie auch die DDR-Opposition finden sie zunehmend Räume in den Kirchen. Staat und Geheimdienst (MfS) beobachten die Punks misstrauisch als „negativ dekadente Jugendliche“. Nach Ende des Konzerts gegen 22.15 Uhr stürmen rund 30 Neonazis über den Seitenflügel und unter Rufen wie „Judenscheine“, „Kommunistenschweine“ die Kirche und fangen an, auf Konzertbesucher einzuprügeln. Nach kurzer Zeit gelingt es, die Schläger aus der Kirche zu drängen. Auch vor der Kirche schlagen Rechte auf Umstehende ein. Die Polizei, die in den umliegenden Straßen präsent ist, greift nicht ein. Der Überfall auf das Konzert in der Zionskirche stellte eine Zäsur im Umgang mit Neonazis in der DDR dar. Das Selbstverständnis als antifaschistischer Staat und die „Dimitroff-These“, nach der der Faschismus Produkt kapitalistischer Herrschaft sei, stand einer kritischen Beobachtung und Bekämpfung neonazistischer Tendenzen insbesondere unter Jugendlichen und der Fussballfanszene entgegen. (…) Mit dem Überfall auf das Konzert und die darauffolgende Medienberichterstattung in der BRD konnte das Schweigen jedoch nicht mehr Aufrecht erhalten werden. Die Verantwortlichen in der DDR traten die „Flucht nach vorn“ an – rechte „Skinheads“ standen fortan unter Beobachtung von Polizei und Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Allein im Zeitraum zwischen dem 3.11.1987 und dem 22.12.1987 wurden in Berlin 16 Verfahren gegen „Skinheads“ eingeleitet, u.a. wegen körperlicher Übergriffe oder wegen des Skandierens faschistischer Lieder und Parolen. [1]

via rechtsaußen berlin: Oktober 1987Überfall auf Zionskirche – Zäsur im Umgang mit Neonazis in der DDR