Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat gegen zwei südniedersächsische Neonazis Anklage wegen Sachbeschädigung, versuchter schwerer Brandstiftung und versuchter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion erhoben. Mit einem Sprengsatz wollten sie im Juni eine Frau in Einbeck einschüchtern, die sich gegen Rechts und für Flüchtlingshilfe engagiert. (…) Er habe eine Explosion mit einer Rauchwolke an einem gegenüberliegenden Haus wahrgenommen. Eine andere Zeugin berichtete zehn Minuten später von zwei Personen, die nach dem lauten Knall davongelaufen seien. Die Beamten stießen auf die Reste von Sprengstoff, mit dem der Briefkasten der Bewohnerin weggesprengt worden war, auch die Haustür und das Mauerwerk wurden in Mitleidenschaft gezogen. Im Polizeibericht ist zu lesen, dass mindestens ein Täter versuchte, einen Sprengsatz in den Briefkasten zu stopfen, dieser aber offenbar frühzeitig explodierte. Dabei hatte sich der Täter nicht unerhebliche Verletzungen zugeführt. Davon zeugen die Blutspuren, denen die Beamten folgten und nach fünfminütigen Fußmarsch vor einem Mehrfamilienhaus landeten, in dem ein stadtbekannter Neonazi gemeldet ist.
Politisch Andersdenkende im Visier Er war Teil einer dreiköpfigen Gruppe, auf die die Beamten wenig später bei ihrer Suche stießen. Darunter auch die polizeibekannten Jonas A. und Pascal Z., der mit starken Verletzungen an beiden Händen zu kämpfen hatte. Er erklärt, er sei mit Böllern beworfen worden und habe sich dabei verletzt. Nach einer Behandlung im Krankenhaus wieder in Einbeck eingetroffen, werden die beiden Tatverdächtigen auf dem Polizeikommissariat erkennungsdienstlich behandelt und anschließend wieder entlassen. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle geht davon aus, die beiden Neonazis wollten in dem Wohnhaus, in dem auch Kinder schliefen, einen Brand herbeiführen, um erheblichen Sachschaden zu verursachen und eine Mieterin zu verletzen. Die Frau, die sich bei der „Seebrücke“ Einbeck engagiert, war schon vorher von Neonazis bedroht worden. In einer labortechnischen Untersuchung ordnete das Landeskriminalamt (LKA) die Spuren am Tatort dem 26-jährigen Pascal Z. zu. Ihn und Jonas A. beschuldigt ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Celle der gemeinschaftlich begangenen vollendeten Sachbeschädigung, versuchter schwerer Brandstiftung und versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion. Anfängliche Ermittlungen wegen der Bildung oder Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung wurden hingegen eingestellt. Eine solche Vereinigung muss aus mindestens drei Personen bestehen, ein Tatnachweis gegen einen dritten Beschuldigten könne aber nicht geführt werden, heißt es seitens der Generalstaatsanwaltschaft. Bei Hausdurchsuchungen Anfang April hatte die Polizei bereits die Wohnungen der zwei Neonazis durchsucht und Böller gefunden, die baugleich mit den später beim Anschlag verwendeten waren. (,,,) Tatsächlich dürfen die entsprechenden Böller bereits seit 2018 nicht in Europa verkauft werden und erfordern eine behördliche Erlaubnis nach dem Sprengstoffgesetz. Für den 26-jährigen Beschuldigten jedenfalls besteht seit 2019 ein allgemeines Waffenbesitzverbot. Nach einem Krankenhausaufenthalt wegen seiner Handverletzungen fehlt von Pascal Z. in Einbeck jede Spur. Der Vorsitzende des Kreisverbandes „Die Rechte“ (DR), Tobias Haupt, erklärt der Polizei zwei Tage nach der Tat, er wisse nicht, wo sich Z. aufhalte. Dabei hatte er ihn doch erst wenige Stunden zuvor „in Osten gebracht“, wie er es im Gruppenchat schreibt, er sei „jetzt erstmal da an einem sicheren Ort“. Der sichere Ort ist offenbar das rund 60 Kilometer entfernte Städtchen Heiligenstadt im thüringischen Eichsfeld. Hier kommt der als Gefährder eingestufte Z. in der Wohnung von René S. unter, den er seit Jahren aus dem Kreis um den Neonazi Thorsten Heise kennt.

via bnr: Anklage wegen versuchtem Sprengstoffanschlag