Monika Maron nennt ihre Verlegerin Susanne Dagen eine „Freundin“ und „Oppositionelle“. Diese hofiert derweil Rechtsextremisten. Man kennt das Setting aus vielen Fernsehsendungen und Videoblogs, es strahlt den Eindruck von Seriosität, Kompetenz und einer gewissen Feierabendgemütlichkeit aus. Der Hintergrund ist gefüllt mit Büchern, eng an eng aufgereiht in übervollen Regalen und schummerig beleuchtet. Davor sitzen zwei Moderatorinnen, zwischen ihnen wechselnde Gastkritiker. Das Format, das bei Youtube aufgerufen werden kann, heißt „Aufgeblättert. Zugeschlagen – Mit Rechten lesen“. Die Moderatorinnen sind die Buchhändlerin Susanne Dagen und die Publizistin Ellen Kositza. Im Vorspann wird sanfte Klaviermusik eingespielt. „Was uns in allererster Linie verbindet, ist die Liebe zur schönen Literatur“, sagt Dagen zu Beginn der ersten Folge, die vor zwei Jahren aufgezeichnet wurde, über ihr Verhältnis zu Kositza. Als ästhetisches Vorbild für ihre Talkshow dient offensichtlich die legendäre ZDF-Sendung „Das literarische Quartett“, die in der Ära ihres Gastgebers Marcel Reich-Ranicki zu einer Instanz der Literaturkritik aufgestiegen war. Wie einst bei Reich-Ranicki halten die Teilnehmer zwischendurch die Bücher, über die sie sprechen, in die Kamera und prosten einander mit Weingläsern zu. Nur dass sie hier, wie schon der bekenntnishafte Titel zeigt, eben rechts sind. Genauer gesagt: sehr weit rechts. Das gibt auch Susanne Dagen unverblümt zu: „Da sitzen zwei rechte Tanten mit einem Gast und reden über Bücher“, erklärte sie freimütig gegenüber der „Sächsischen Zeitung“.
Monika Maron war selbst unglücklich mit dem Label „Exil“ Über Susanne Dagen und ihren Buchladen in Dresden-Loschwitz ist in den letzten Tagen erregt gestritten worden. Auslöser war, dass sich der S. Fischer Verlag von seiner langjährigen Autorin Monika Maron getrennt hat, bei dem in den letzten vierzig Jahren alle ihre Werke erschienen sind. (…) Als es auf der Frankfurter Buchmesse 2017 zu Störaktionen am Stand des rechten Antaios-Verlages kam, initiierte Dagen die „Charta 2017“. Darin schreibt sie, dass „unsere Gesellschaft nicht mehr weit von einer Gesinnungsdiktatur entfernt“ sei. Auch der Schriftsteller Uwe Tellkamp unterschrieb damals. „Man hat mich politisch gemacht”, wird Dagen später sagen. Ab 2018 saß sie im Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. Dem Magazin „Compact“ gab sie ein Interview, eine Publikation, die durch den Verfassungsschutz unter Beobachtung steht, da die Verantwortlichen Verbindungen zu „eindeutig rechtsextremistischen Bestrebungen“ unterhalten. Für den Verein „Ein Prozent für unser Land“, bei dem der Verfassungsschutz „ernstzunehmende Anhaltspunkte“ für verfassungsfeindliche Bestrebungen sieht, stellte sie sich vor die Kamera. Das Kürzel „Ein Prozent“ steht für den Versuch, einen Prozent der Deutschen zu mobilisieren, um die Gesellschaft weit nach rechts zu verschieben. Dagen selbst, das zeigt ihre Biografie, tat das bereits, sie hat sich in den letzten Jahren radikalisiert.
Auch Rechtsextremist Martin Sellner war zu Gast Ellen Kositza, Dagens Co-Moderatorin bei „Mit Rechten lesen“, hat für die „Junge Freiheit“ geschrieben und ist Redakteurin der Zeitschrift „Sezession“. Sie erscheint im Verlag ihres Ehemanns Götz Kubitschek, dem zentralen Stichwortgeber und Taktiker der Neuen Rechten, dessen Thinktank „Institut für Staatspolitik“ vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird. Gemeinsam wohnen die Eheleute im sachsen-anhaltinischen Schnellroda, wo Kubitschek regelmäßig die Führungselite der AfD und Mitglieder der Identitären Bewegung empfängt. Einer von ihnen ist Martin Sellner, der im Juli diesen Jahres bei „Aufgeblättert. Zugeschlagen“ war. Allerdings nicht unter seinem echten Namen, sondern unter dem Pseudonym „Robert Wagner“. Er ist der Kopf der extrem rechten Identitären Bewegung in Österreich.

via tagesspiegel: Susanne Dagen und die Neue Rechte Warum der Rausschmiss von Monika Maron nachvollziehbar ist