Der Gasthof Goldener Löwe in Kloster Veßra wird von einem Neonazi betrieben. Verzweifelt versucht die Gemeinde, vor Gericht das Vorkaufsrecht durchzusetzen. Kloster Veßra, einem 120-Seelen-Dorf nahe der Werra im Thüringer Süden, wird das Mittagsmahl zur Weltanschauungsfrage. Denn die beiden einzigen gastronomischen Einrichtungen an der Hauptstraße des Dorfes – links das Gasthaus Goldener Löwe, rechts der Imbissstand Refektorium – trennt mehr als nur eine schmale Nebenstraße. Im Goldenen Löwen, einem prächtigen dreistöckigen Fachwerkbau mit Terrasse und freier Sicht auf die mehr als 800 Jahre alte Klosteranlage des Ortes, werden Bierflaschen mit Wehrmachtssoldaten und Hitlerjungen auf dem Etikett und auch schon mal Hitler-Schnitzel angeboten; 20 Meter daneben, im Refektorium, gibt es außer Rostbrätl und Bratwurst auch Kaffee in Emaille-Bechern mit der Aufschrift „Kein Ort für Nazis“. Ein Zettel am Imbissstand verrät, dass 50 Cent von jedem verkauften Kaffee als Spende an das Netzwerk „Wir für Thüringen – Kein Ort für Nazis“ gehen, das sich unter anderem gegen Neonazi-Konzerte engagiert. Gegen solche Konzerte also, wie sie auch vom Wirt des Goldenen Löwen, dem über Thüringen hinaus bekannten Rechtsextremisten Tommy Frenck, organisiert werden.
Die einen essen links, die anderen rechts Die Entscheidung darüber, wo man das Mittagessen einnehmen will, ist in Kloster Veßra also im doppelten Sinne eine zwischen rechts und links. Ob das allerdings noch lange so bleibt, ist fraglich: Vor Gericht will die Gemeinde erreichen, dass der Kauf des Goldenen Löwen durch den Neonazi Frenck vor sechs Jahren für unwirksam erklärt wird. Welche Partei in diesem jahrelangen Rechtsstreit am Ende die besseren Karten haben wird, steht allerdings in den Sternen. „Die meisten Einwohner von Kloster Veßra wollen Frenck weghaben, deshalb geht auch kaum jemand aus dem Dorf dorthin“, sagt Uwe Bischoff.

via berliner zeitung: Kloster Veßra: Das Dorf gegen den Neonazi