Es sind nicht nur Rechtsextreme in der großen deutschen Wahnbewegung aktiv, die am 7. November in Leipzig aufmarschierte und randalierte. Ein kritischer Zwischenruf. Leipzig, am Abend des 7. November: Rechtsextremisten marschieren und randalieren auf dem Leipziger Ring – und es ist mal wieder die Rede vom “Kontrollverlust” der Polizei, die sich plötzlich von den gewaltbereiten Corona-Demonstranten zurückzieht, nachdem sie – mal wieder – mit viel zu geringen Kräften aufmarschierte. In sozialen Netzwerken wird von komplett überforderten und überrannten Polizeikräften berichtet, von ungehinderten Angriffen auf Pressevertreter und extrem aggressiver Stimmung. Mitunter wurden Polizisten mit Pyrotechnik und Flaschen beworfen. Die Masse, die der gewalttätigen rechtsextremen Vorhut beim Zurücktreiben der Polizeikräfte folgt, geht in die Tausende. Mit dabei sind auch NPD-Kader und szenebekannte Neonazis. Ähnlich der Situation beim Sturm auf den Reichstag in Berlin, hat die Einsatzleitung der Polizei durch Passivität und Unterbesetzung den Rechtsextremisten ihre massenwirksamen Bilder geliefert. Die Leipziger Nazirandale bildeten dabei nur den Abschluss der Großkundgebung der “Corona-Rebellen” oder “Querdenker”, die unter totaler Missachtung selbst der elementarsten Sicherheitsvorkehrungen mitten in einer sich voll entfaltenden Pandemiewelle aufgrund einer Entscheidung des OVG Bautzen stattfinden konnte – und erst nach mehreren Stunden von der Polizei aufgelöst wurde. Übrigens: Richter des OVG Bautzen sitzen laut dem Recherchedienst Correctiv auch in der Redaktion der Sächsischen Verwaltungsblätter, in denen schon mal Desinformation zur Corona-Pandemie veröffentlicht wurden.
Ignorierte Warnrufe. Das Desaster, ein rechtsextremes Superspreader-Event erster Klasse, war abzusehen: Schon vor der eigentlich verbotenen Demonstration und den Ausschreitungen, bei denen die sächsische Polizei mal wieder “überfordert” schien, schrillten die Alarmglocken. Der Stadt stehe die “größte rechte Mobilisierung seit Legida” bevor, erklärten Antifaschisten in Lokalzeitungen. Es kursierten in der braunen Szene “Aufrufe mit zum Teil sehr bedrohlichem Sprachgebrauch”, warnten Behörden. Angriffe auf linke Strukturen, Gewalt- und Umsturzparteien würden propagiert. In der Szene, die nach den letzten islamistischen Terrorakten Morgenluft wittert, kursiert inzwischen die Privatadresse von Thüringens Ministernpräsident Bodo Ramelow, der sich kritisch über diese Bewegung äußerte. Selbst der sächsische Verfassungsschutz, der ansonsten nicht gerade durch konsequentes Vorgehen gegen die rechte Gefahr glänzt, warnte vor einer “massiven” Anreise von gewaltbereiten Rechtsextremisten aus dem gesamten Bundesgebiet. (…)
Und diese objektive Funktion ist die des Präfaschismus, konkret einer in ihrer Formierungsphase befindlichen faschistischen Bewegung. Dies wird gerade am Verhältnis der “Querdenker” und “Corona-Rebellen” zur Staatsmacht der Bundesrepublik, insbesondere zu den rechtsextremen Seilschaften und Netzwerken im Staatsapparat deutlich, die neuesten Ermittlungsergebnissen zufolge Tausende von Beamten umfassen – und die von der Bewegung als potenzieller Bündnispartner betrachtet werden. Gerade in Bezug auf den angeblichen Kampf um Demokratie und Grundgesetz, den die Bewegung nach außen hochhält, wird die Funktion von Krisenideologie als einen faschistischen Durchlauferhitzer deutlich. Denn faktisch, während man über die “Merkel-Diktatur” lamentiert, kämpft die Bewegung objektiv um die Errichtung einer Krisendiktatur, sie geht auf im Streben nach der Errichtung autoritärer Herrschaft. Beliebt ist etwa die breit propagierte Idee des “Seitenwechsels” der Polizei, die sich mit der Wahnbewegung zusammenschließen würde, um mit der “Merkel-Diktatur” durch einen Putsch endlich Schluss zu machen. Der gewaltsame Umsturz einer gewählten Regierung, durchgeführt in Zusammenarbeit mit Teilen des Staatsapparates, bildet ein zentrales Narrativ gerade der Prominenz der Bewegung, etwa des veganen Verschwörungsideologen und YouTube-Kochs Attila Hildmann, der in wirren Putschfantasien die Bundeswehr und die Polizei zur Errichtung einer Militärdiktatur auffordert – selbstverständlich nur, um mit der angeblichen Merkel-Diktatur und dem furchtbaren Maskenzwang Schluss zu machen. Auch die rasch anwachsende Reichsbürgerszene spricht der Bundesrepublik bekanntlich die Legitimität ab.

via tp: Leipziger Corona-Randale

siehe auch: „Querdenken“-Demo: Bankrott für Sachsen, Bankrott für die Vernunft. Mitten in einer Zeit harter Kontaktbeschränkungen versammeln sich 45.000 Menschen in Leipzig auf engstem Raum. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen hatte die Kundgebung erlaubt, die Polizei war unorganisiert und hilflos. Die Bilder sind ein Fiasko, der Innenminister muss die Verantwortung übernehmen. (…) Die Versammlungsfreiheit ist nicht pauschal beschränkt worden, und das ist auch gut so. Doch was am Samstag in Leipzig geschehen ist, war ein Fiasko mit Ansage. Es war ein erneutes Lehrstück dafür, wie sich Behörden und Polizei vorführen lassen von Netzwerken, die für nichts Verantwortung übernehmen. Nicht für die Abstände, nicht für die Maskenpflicht, nicht für antisemitische Ausfälle, nicht für Hunderte Hooligans und Neonazis, die an diesen Tag in Leipzig zum ersten Mal seit langer Zeit Stärke demonstrieren konnten. Die „Querdenker“ sind eine Bewegung der Verantwortungslosigkeit. Sie haben viele Anwälte und wenig Skrupel. Und so konnten sie vor dem Oberverwaltungsgericht durchsetzen, in der Innenstadt demonstrieren zu dürfen – auf einem viel zu kleinen Platz. Die Polizei hat lange zugesehen, sich zurückgehalten – und so den „Querdenkern“ wie auch den Neonazis einen Erfolg beschert; Neonazis randalieren in Leipzig Kritik an Polizei nach “Querdenken”-Einsatz. Randalierenden “Querdenkern” hatte die Polizei nicht viel entgegenzusetzen. Nach der vorzeitigen Auflösung der “Querdenken”-Kundgebung in Leipzig eskaliert die Lage. Den Ausschreitungen Hunderter Demonstranten, darunter zahlreiche Rechtsextremisten, hat Sachsens Polizei nicht viel entgegenzusetzen. Wasserwerfer werden dagegen in Connewitz aufgefahren. Nach der Eskalation von Protesten gegen Corona-Maßnahmen in Leipzig werden Forderungen nach einer politischen Aufarbeitung der Geschehnisse laut. Die Grünen in Sachsen forderten Konsequenzen: “Sachsens Sicherheitsorgane haben bei (der Demonstration) #le0711 jegliches Vertrauen verspielt. Roland Wöllers Nichthandeln als Innenminister ist nicht mehr tragbar”, schreibt die Partei auf Twitter. Auch die Linksfraktion twittert: “Es gibt viel aufzuarbeiten.” Der SPD-Landtagsabgeordnete Albrecht Pallas forderte eine Auswertung in einer Sondersitzung des Innenausschusses. Sachsens Innenminister Roland Wöller kritisierte derweil die Zulassung der “Querdenken”-Demonstration durch das Oberverwaltungsgericht (OVG). Es sei unverantwortlich eine solche Versammlung mit mehr als 16.000 Menschen in Zeiten der Corona-Pandemie in der Leipziger Innenstadt zuzulassen, so der CDU-Politiker. Die Polizei teilte mit, dass sie 32 Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet und sieben Straftaten – darunter Urkundenfälschung, Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – verzeichnet habe (…) In Leipzig hatten am Samstag mindestens 20.000 Menschen aus ganz Deutschland gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung protestiert. Zunächst verlief die Kundgebung am Augustusplatz größtenteils friedlich. Dann löste die Stadt Leipzig den Protest auf, weil viele Menschen keine Mund-Nasen-Bedeckung trugen und den Mindestabstand nicht einhielten. Doch Tausende widersetzten sich der Auflösung und marschierten auf dem Innenstadtring. Unter ihnen waren zahlreiche Rechtsextremisten, die von der Polizei nicht aufgehalten wurden. Wasserwerfer der sächsischen Polizei waren dagegen im Stadtteil Connewitz im Einsatz, wo die linke Szene erneut gegen die Festnahme einer mutmaßlichen Linksextremistin demonstrierte.

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