Dieses Jahr fallen diverse Demonstrationen zum Gedenken an die nationalsozialistischen Novemberpogrome pandemiebedingt aus. Eine „Pegida“-Kundgebung in Dresden mit dem rechtsextremen Ex-AfDler Andreas Kalbitz als Redner darf hingegen stattfinden. Die Jüdische Gemeinde ist empört. 82 Jahre nach den nationalsozialistischen Novemberpogromen gegen Jüdinnen und Juden wirkt der Spruch „Nie wieder“ wie eine hohle Phrase: Gedenkveranstaltungen werden pandemiebedingt abgesagt, während Rechtsradikale ausgerechnet an diesem Tag, dem 9. November, gegen die „Corona-Diktatur“ und eine vermeintliche „Islamisierung des Abendlandes“ demonstrieren dürfen. „Pediga“ will sich in Dresden versammeln, die „Querdenker“ rufen zur Demo in Braunschweig auf. Der 9. November, der sogenannte „Schicksalstag“ der Deutschen, steht für eine Vielzahl von historischen Ereignissen – wie beispielsweise die Novemberrevolution 1918, den Hitlerputsch 1923 und den Mauerfall 1989. Doch der Tag wird für immer von den Novemberpogromen überschattet: In der Nacht vom 9. November zum 10. November 1938 verübten SA-Männer und Anhänger*innen des Regimes, organisiert von der NS-Führung, Anschläge gegen jüdische Geschäfte und Einrichtungen im ganzen Reich. Mehr als 1.400 Synagogen und Gebetshäuser wurden niedergebrannt, mindestens 7.500 Läden wurden zerstört. 1.300 Menschen kamen in dieser Nacht ums Leben. In den darauffolgenden Tagen wurden über 30.000 jüdische Männer verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt. Die „Reichspogromnacht“ – lange unter der zynischen Bezeichnung „Kristallnacht“ verschönert – diente als Auftakt für die systematische Vertreibung und Vernichtung des europäischen Judentums.
In Dresden wird dieses Jahr allerdings keine Gedenkveranstaltung für die ermordeten Jüdinnen und Juden Europas stattfinden. Sondern eine „Pegida“-Demonstration. Auf der Demonstration am Altmarkt soll ausgerechnet der rechtsextreme, ehemalige AfD-Chef in Brandenburg, Andreas Kalbitz, als Redner auftreten. Laut Verfassungsschutz war Kalbitz früher Mitglied der inzwischen verbotenen neonazistischen Gruppe „Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ)“. Auch die „Pegida“-Bewegung ist immer wieder wegen antisemitischer Hetze aufgefallen. Die Jüdische Gemeinde Dresden ist fassungslos und hat die Genehmigung der Demonstration scharf kritisiert. Auf einer Pressekonferenz in Dresden am Sonntagabend betonte ein Sprecher der Gemeinde: „Der 9. November wird für uns als jüdische Gemeinschaft, aber auch für viele andere demokratische Kräfte in unserer Gesellschaft immer eingebrannt sein als der Tag, an dem in Deutschland 1938 die Synagogen brannten.“ Besonders bitter: Das offizielle Gedenken der Stadt Dresden an die Pogrome wurde aufgrund der Covid-19-Pandemie abgesagt. Die jüdische Philosophin Christina Feist, eine Überlebende des antisemitischen Anschlags auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019, ist empört über diese Doppelstandards. „Das zeigt deutlich die Gegenwartsverweigerung der Politik“, sagt Feist Belltower.News. „Antisemitismus und rechte Ideologien werden weiterhin schön geredet, wenn nicht sogar wegdiskutiert“. Und gleichzeitig fallen Gedenkveranstaltungen aus.

via belltower: Novemberpogrome Gedenken verboten, Hetzen erlaubt