Die internationale Untergrundgruppe Feuerkrieg Division gilt als extrem gefährlich. In Nürnberg beginnt der deutschlandweit erste Prozess gegen ein mutmaßliches Mitglied. Ums Töten ging es oft, wenn sich die Anhänger der rechtsextremen Feuerkrieg Division im Internet zum Chatten trafen: Was wäre ein passendes Anschlagsziel? Wen sollten sie umbringen? Welche Waffen müssten sie sich besorgen? Das Anliegen sei ernst, darin bestärkten sich die Männer gegenseitig. Die internationale Feuerkrieg Division, schrieb ein Teilnehmer unter dem Pseudonym reinhard070304 in einem Chatverlauf, den ZEIT ONLINE einsehen konnte, sei schließlich eine nationalsozialistische/faschistische “Untergrundzelle”, die für “REALEN Terrorismus gegen das System” stehe. Hinter dem Pseudonym reinhard070304, davon ist die Generalstaatsanwaltschaft München nach monatelangen Ermittlungen überzeugt, soll sich ein Deutscher aus dem Landkreis Cham in der Oberpfalz verborgen haben: der 23 Jahre alte Fabian D. Der Prozess gegen ihn beginnt am Donnerstag vor der 1. Staatsschutzkammer am Landgericht Nürnberg-Fürth. Die Anklage wirft ihm vor, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat geplant zu haben. Den Ermittlungen zufolge soll D. sich von Mai 2019 an Waffen sowie Waffenteile gekauft und diese gezielt umgebaut haben, um damit einen Anschlag auf einen “Ort der Andacht” – etwa eine Moschee oder eine Synagoge – zu begehen und möglichst viele Menschen zu töten. In dieser Zeit sei er auch den Chats der internationalen Feuerkrieg Division beigetreten, wo er sich unter den Pseudonymen reinhard070304 und Heydrich mit etwa 30 bis 40 anderen Rechtsextremen aus verschiedenen Ländern über Anschlagsszenarien ausgetauscht habe. Die Teilnehmer der virtuellen Gruppe stammten den Ermittlungen zufolge hauptsächlich aus Europa.
Das Gerichtsverfahren gegen Fabian D. wird eine Premiere in Deutschland sein. Die Mitglieder von länderübergreifend agierenden rechtsextremen Gruppen wie der Feuerkrieg Division oder der Atomwaffen Division gelten als extrem gewaltbereit. Dennoch musste sich bislang noch kein deutscher Rechtsextremist aus dieser Szene vor Gericht verantworten. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe äußert sich nicht zur Frage, ob sie gegen Mitglieder aus Deutschland ermittelt. Ganz anders in den USA oder in Großbritannien: Dort wurden inzwischen so viele Anhänger der Atomwaffen Division wie auch der Feuerkrieg Division verhaftet, dass die Gruppen im Internet ihre Auflösung bekannt gaben. Die britische Polizei hatte laut der BBC schon im Sommer 2019 einen verdeckten Ermittler in einen Feuerkrieg-Chat eingeschleust. Kürzlich verurteilte ein Gericht in Birmingham einen 17-jährigen Chatteilnehmer der Feuerkrieg Division zu mehr als fünf Jahren Haft. Das Gericht befand den Teenager der Anschlagsvorbereitung für schuldig. In Las Vegas wurde vergangene Woche ein 24 Jahre alter US-Aktivist der Gruppe zu zwei Jahren Haft verurteilt, nachdem er seine Anschlagspläne an einen FBI-Agenten in dem Chat verraten hatte. Das britische Innenministerium stufte die Feuerkrieg Division im Sommer als rechtsterroristische Organisation ein – schon die Mitgliedschaft in der Gruppe ist in Großbritannien seitdem eine Straftat. Die Feuerkrieg Division werbe im Internet gezielt junge Menschen für ihre Anschlagspläne, warnte die britische Innenministerin Priti Patel.

via zeit: Wollte Fabian D. ein Terror-“Heiliger” werden?