Portugal galt als Land, in dem rechte Parteien kaum Chancen haben. Nun soll auf den Azoren eine rechtsextreme Partei an der Regierung beteiligt werden. Sie fordert eine Verfassungsänderung. Die Azoren sind mit Abstand der westlichste Punkt Europas: Die neun größeren und etlichen kleineren Inseln liegen mitten im Atlantik. Zur portugiesischen Küste sind es etwa 1500 Kilometer, zur nordamerikanischen knapp 2000. Immer wieder fegen Stürme über die Inselgruppe. Und auch die politische Landschaft der Azoren hat ein regelrechter Sturm durcheinander gewirbelt: Nach 24 Jahren haben die Sozialisten die Regierungsmehrheit verloren. Die konservativ-liberale Partei PSD will nun eine Koalition mit anderen konservativen Kräften bilden. Aber um die absolute Mehrheit im Regionalparlament zu haben, sind sie auf die rechtsextreme Kraft Chega angewiesen: Eine Verabredung sieht vor, dass die Partei die Regionalregierung bei Abstimmungen unterstützt. “Chega ist eine radikale Partei, die gegen das System ist. Sie nennt sich selbst Anti-System-Partei. Politiker sind ihr Feindbild, Institutionen ebenfalls. Ihrer Meinung nach ist das alles verzichtbar”, erklärt Soziologe Elisio Estanque von der Universität Coimbra. Er nennt Chega eine portugiesische AfD mit extremeren Positionen. “Chega” heißt übersetzt “Es reicht!”. Die Partei ist populistisch, nationalistisch, EU-skeptisch. Sie verlangt von der konservativen PSD Zugeständnisse auf Landesebene, damit ihre zwei Abgeordneten im Azoren-Parlament mitziehen. Chega-Chef André Ventura fordert nicht weniger als eine Änderung der portugiesischen Verfassung von 1976. Im nächsten Schritt sollen dann das Nationalparlament verkleinert und lebenslange Haftstrafen möglich gemacht werden. Diese gibt es bisher in Portugal nicht. Venturas drastischste Forderung: Pädophile Sexualstraftäter sollen chemisch kastriert werden. “Sollte eines Tages die PSD über unsere Forderungen nach chemischer Kastration, lebenslanger Haft und Verknüpfung von Sozialleistungen mit Arbeitsdienst sagen, die verletzten die verbürgten Rechte, dann haben wir ein Problem!”, wetterte er. Im Sinne von: Dann spielt Chega nicht mehr mit.

via tagesschau: Rechtsextreme Partei Eine portugiesische AfD im Aufwind