Gedenken an das antisemitische Attentat auf Shlomo Lewin und Frida Poeschke im Dezember 1980. Der Gedenkstätten-Pädagoge Daniel Burghardt von der »Initiative Kritisches Gedenken Erlangen« äußert sich besorgt über Parallelen und Kontinuitäten zwischen dem antisemitischen Doppelmord an Shlomo Lewin und Frida Poeschke vor 40 Jahren in Erlangen und rechten Morden in der Gegenwart. TERROR »Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit rechtem Terror und rechter Gewalt ist von Nichtwahrnehmung und Vergessen geprägt«, sagte Burghardt dem Evangelischen Pressedienst (epd) in einem Interview. Nach anfänglichen Beileids- und Trauerbekundungen von offizieller Seite folge schnell ein Schlussstrich. Am 19. Dezember 1980 wurden Lewin und seine Lebensgefährtin in ihrem Wohnhaus mit jeweils vier Pistolenschüssen ermordet. Der mutmaßliche Täter, ein Mitglied der verbotenen rechten »Wehrsportgruppe Hoffmann«, beging vermutlich Suizid. (…) Einen rechten Tathintergrund verfolgten die staatlichen Behörden nur sehr oberflächlich und ermittelten stattdessen schließlich über Monate hinweg im Umfeld der Kultusgemeinde. Die am Tatort gefundenen Beweisstücke hätten allerdings von Beginn Schlüsse auf das Umfeld der Wehrsportgruppe Hoffmann nahegelegt. Der mutmaßliche Täter setzte sich kurz nach der Ermordung Lewins und Poeschkes in den Libanon ab, wohin die »Wehrsportgruppe« mit ihrer Nachfolgeorganisation »WSG Ausland« gute Kontakte pflegte. Dort kam er durch ungeklärte Umstände ums Leben –vermutlich tötete er sich selbst. Wir wollen an Lewin und Poeschke erinnern und die Verhältnisse anklagen, die sie zu Opfern gemacht haben und die noch heute existieren. 40 Jahre sind eine lange Zeit. Welche Verbindung sehen Sie zu heute? Wir beobachten Parallelen und Kontinuitäten zwischen dem Mord vor 40 Jahren und rechten Morden in der Gegenwart. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit rechtem Terror und rechter Gewalt ist von Nichtwahrnehmung und Vergessen geprägt. Wenn es dann doch zu einer – meist oberflächlichen – Auseinandersetzung kommt, folgt oftmals nach anfänglichen Beileids- und Trauerbekundungen von offizieller Seite schnell ein Schlussstrich, damit man zu einem positiven kollektiven Selbstbild zurückkehren kann. Die deutsche Mehrheitsgesellschaft gibt vor, geläutert aus der Geschichte des Nationalsozialismus hervorgegangen zu sein. Das funktioniert deshalb, weil rechte Morde oftmals externalisiert werden auf randständige Gruppen wie Rechtsextreme oder vermeintlich psychisch kranke Einzeltäter. Wir vermissen eine Reflexion darauf, was die Mehrheitsgesellschaft mit den Taten zu tun hat oder welche Verhältnisse rechte Mordanschläge erst ermöglichen.

via jüdische allgemeine: Erlangen – 40 Jahre nach dem Doppelmord