Es war ein Millionengeschäft, von dem auch General Guisans Sohn profitierte. Nach Kriegsende sorgte der Handel mit den Nazis für Empörung. Doch bestraft wurde niemand. Ein Blick zurück. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird auch in der Schweiz abgerechnet – mit Verrätern, Anpassern, Profiteuren. Das Motto der folgenden Monate lautet «Säuberung». Es werden nicht nur Nazi-Sympathisanten an den Pranger gestellt, sondern auch Fälle von Misswirtschaft, etwa Korruption und überhöhte Spesenbezüge in Internierungslagern und der Verwaltung. Im Dezember 1945 kommt ein weiterer Skandal hinzu: Er betrifft das Schweizerische Holzsyndikat, ein im Krieg für den Export gebildetes Konsortium aus Bau-, Schreiner- und Zimmermeistern sowie Holzhändlern. Was die Presse über den Handel mit Holzbaracken berichtet, ist wenig appetitlich: «Hartnäckig wird behauptet, dass trübe Geschäfte mit der SS abgeschlossen worden seien und dass gewisse schweizerische Unterhändler dabei grosszügig verdient hätten. Mit Provisionen, ja sogar Bestechungsgeldern sei nicht gespart worden», schreibt die «Schaffhauser Arbeiterzeitung». Besonders brisant ist, dass im Zusammenhang mit diesen Deals ein berühmter Name fällt – Oberst Henry Guisan, der Sohn des Oberbefehlshabers der Schweizer Armee, Henri Guisan. (…) Eine erste Tranche von 500 Stück wird Ende März 1942 mit leeren Kohlenwagen der SBB geliefert. Gemäss deutschem Auftrag sind 200 nach «Oranienburg bei Berlin» zu spedieren, die übrigen nach «Dachau bei München». Im Herbst folgen weitere 500 Holzbaracken. Die Produktion der zusätzlich vereinbarten 1000 kommt indes nicht mehr zustande, weil die Deutschen der vertraglichen Lieferung von eigenem Holz und von Eisen nicht nachkommen. Insgesamt beträgt der Umsatz des Geschäfts noch 12 Millionen Franken. Problematisch bleibt der Verwendungszweck der Schweizer Fabrikate. Der Historiker Willi Gautschi schreibt im Standardwerk über General Guisan: «Über die Zweckbestimmung der an die Waffen-SS gelieferten Holzbaracken konnten die beteiligten Unterhändler und Lieferanten wohl kaum im Unklaren sein, denn zu diesem Zeitpunkt wusste man auch in der Schweiz bereits Bescheid über die Existenz der Konzentrationslager.» So ist davon auszugehen, dass schlicht das Geschäft über die Moral gesiegt hat. Denn zu viele profitierten damals vom brisanten Deal: das Holzsyndikat, die Behörden, die Betriebe aus dem holzverarbeitenden Gewerbe, die Lausanner Firma Extroc. Meyer und Guisan junior streichen für ihre Dienste mindestens 12 000 beziehungsweise 13 400 Franken ein.

via nzz: Brisanter Deal mit der SS: wie die Schweiz im Zweiten Weltkrieg Baracken für die KZ lieferte

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