Vor allem in den Landkreisen Roth und Weißenburg-Gunzenhausen gingen offenbar Dutzende Schreiben ein. Ein mit blutroten Fingerabdrücken unterzeichnetes Schreiben, das in den vergangenen Wochen bei rund 150 Kommunen, Behörden, Schulen, Kindertagesstätten und Heime in ganz Westmittelfranken einging, fordert von diesen, sich gegen die Corona-Schutzmaẞnahmen zu stellen. Tun sie dies nicht, drohen die anonymen Verfasser den Einrichtungsleitern, sie “in private Haftung zu nehmen” und dies auch “durchzusetzen”. Dass sich unter die Proteste gegen die Corona-Schutzmaßnahmen schon seit Monaten Rechtspopulisten und -radikale, Verschwörungsgläubige und Staatsfeinde mischen, ist gut dokumentiert. Unter letzteren befinden sich immer wieder auch sogenannte “Reichsbürger”, die die Existenz Deutschlands als Staat bestreiten und glauben, durch einseitige Erklärungen aus der Bundesrepublik und dessen Rechtsordnung “austreten” zu können. Ein Drohbrief dieser vom Verfassungsschutz beobachteten Fantasievereinigung ist nun bei der Treuchtlinger Stadtverwaltung eingegangen. Das Auffälligste an dem eine knappe halbe DIN-A4-Seite langen Brief sind die “Unterschriften”: fünf rote Fingerabdrücke, die augenscheinlich wirken sollen, als seien sie aus Menschenblut. Unterzeichnet haben “Hochachtungsvoll Ihr Kreditor, Ihr Gläubiger und Ihr Souverän” sowie dessen “Gemeinschaft”. Die Begriffe aus dem Finanzdeutsch rühren von der Vorstellung der Reichsbürger her, die Bundesrepublik sei kein souveräner Staat, sondern ein Unternehmen mit “Personal” statt Bürgern. (…) Laut Treuchtlingens Bürgermeisterin Kristina Becker sind Polizei und Staatsschutz über das Schreiben informiert. Polizeichef Dieter Meyer konnte gestern aber noch keine weiteren Angaben zum Sachverhalt machen. Für Gunzenhausens Bürgermeister Karl-Heinz Fitz, der den Brief ebenfalls erhalten hat, ist dieser “mit der Aufforderung verbunden, sich rechtswidrig zu verhalten”. Dies könne strafrechtlich als Bedrohung gewertet werden. Es sei “Aufgabe des Rechtsstaats, das Treiben der Verschwörungstheoretiker zu prüfen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen”. Das Schreiben werde die Stadt an die Staatsanwaltschaft übergeben und Strafantrag stellen.
Erinnerung an Polizistenmord Ben Schwarz, Bürgermeister von Georgensgmünd im Nachbarlandkreis Roth, wo ein bekennender Reichsbürger vor vier Jahren einen Polizisten erschossen hat, hatte vor einigen Wochen ebenfalls zwei Versionen des Schreibens in der Post – eines schwarzweiß und eines in Farbe, abgestempelt im Briefzentrum 90. “Als persönliche Drohung habe ich die nicht aufgefasst”, erklärte er auf Nachfrage, “solche Schreiben kommen immer mal wieder rein.” Von der Sprache und der Unterschrift per Fingerabdruck her sei das Papier “klassischer Reichsbürgerstil”, so Schwarz. Alles erinnere sehr an die “Lebend-Erklärung” von Wolfgang Plan, dem 2019 zu lebenslänglicher Haft verurteilten Polizistenmörder.

via nordbayern: “Blutiger” Brief: Reichsbürger drohen Schulen und Behörden