Kritik an Polizei, die kaum einschritt, obwohl der Großteil der rund 10.000 Demonstranten keine Maske trug und Abstände nicht einhielt. Unter ihnen zahlreiche Rechtsextreme. Der in der “Querdenker”-Szene angekündigte “Tag der Befreiung” ist am Samstag nicht wie erhofft von der Bühne gegangen. Die acht Sternenmärsche zum Veranstaltungsort am Wiener Heldenplatz wurden seitens der Anmelder bereits im Vorfeld abgesagt, von den anfangs erwarteten mehreren Zehntausend Teilnehmern war man weit entfernt. Dennoch demonstrierten rund 10.000 Menschen in der Wiener Innenstadt gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung: Ohne Maske und ohne Abstand. Obwohl die Polizei im Vorfeld angekündigt hatte, dass Verstöße gegen die Corona-Regeln “nicht toleriert und konsequent angezeigt” werden, schritt die Polizei nur in vereinzelten Fällen ein. Auf Twitter hieß es, dass zahlreiche Anzeigen erstattet werden. Wie viele genau, ist noch nicht bekannt. Auf die Frage, warum man tausende Demonstranten ohne Maske und Abstand durch die Innenstadt ziehen lässt, ohne einzuschreiten, meint der ein Sprecher des Innenministeriums zum STANDARD: “Das kann man nur gleich beim Zustrom oder am Ende der Veranstaltung machen.” Dem Vernehmen nach herrscht im Innenministerium große Unzufriedenheit mit dem Einsatz der Wiener Polizei. Er soll evaluiert werden. Die Richtlinie, die Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) vor über einer Woche präsentiert hatte, wurde offensichtlich von den Beamten nicht angewandt. Wie bereits bei vergangenen Demonstrationen der “Querdenker”-Szene beteiligten sich auch dieses Mal Rechtsextreme: Das Innenministerium bestätigte dem STANDARD, dass der bekennende und mehrfach wegen NS-Wiederbetätigung verurteilte Neonazi Gottfried Küssel “mit zwei Bussen voll mit Gefolgsleuten aus Oberwarth” angereist war. Mit dabei alte Kameraden “aus dem Kreis der Vapo” (Volkstreue außerparlamentarische Opposition). Küssel gründete die Vapo 1986, veranstaltete mit ihr Wehrsportübungen und Kundgebungen und trat für die Wiedereinführung er NSDAP als Wahlpartei ein. Auch der Chef der österreichischen Identitären und ihrer rechtsextremen Nachfolgeorganistation Martin Sellner nahm mit einer Gruppe aus zirka 20 Gleichgesinnten an der Demonstration teil (…) Als sich der Demozug kurz nach 16 Uhr näherte, skandierten die linken Aktivisten: “Wir impfen euch alle!”. Die Polizei trug die Sitzblockierer daraufhin weg, kesselte sie ein und stellte ihre Identitäten für Anzeigen fest. Fünf Personen wurden außerdem festgenommen, vier weil sie sich nicht ausweisen konnten, eine weitere wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, sagt ein Polizeisprecher. Es kam auch zu gewaltsamen Übergriffen. Ein Journalist wurde von einem rechten Mob verprügelt. Da er mit Helm und Schutzweste ausgestattet war, konnten schlimmere Verletzungen vermieden werden – trotz Schlägen ins Gesicht. Die Polizeisondereinheit Wega ging dazwischen, der Journalist erstattete Anzeige. Der Mob ging nach dem Angriff mit dem Demozug weiter. Wegen bereits vermehrter Übergriffe auf Journalisten am Rande der “Querdenker”-Demos stellte die Polizei Wien extra zwei Kontaktbeamte für Medienschaffende zur Verfügung. Zu dem konkreten Vorfall konnten jedoch noch keine Angaben gemacht werden.

via destandard: “Querdenker” – Über 10.000 Demonstranten gegen “Corona-Diktatur” – Ministerium will Polizeieinsatz evaluieren