Seit einem Tagesspiegel-Interview wird die Professorin Maisha Auma rassistisch attackiert, auch von AfD-Politikern. Immer mehr Forschende zeigen sich solidarisch. Solidarität mit Maureen Maisha Auma fordern 772 Wissenschaftler:innen in einem gemeinsamen Brief an den Deutschen Hochschulverband, der dem Tagesspiegel vorliegt. Die Institutionen der deutschen Hochschullandschaft sollten sich öffentlich gegen die rassistische Diffamierung der Magdeburger Professorin für Diversity Studies positionieren. Auma, die derzeit eine Gastprofessur an der TU Berlin innehat, war im Anschluss an ein Tagesspiegel-Interview zu Intersektionalität und strukturellem Rassismus Opfer einer rechtsextremen Hetzkampagne geworden. Von der AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt befeuert, wurden auf Twitter, Facebook und Instagram Anfang Januar zahlreiche menschenverachtende Kommentare gepostet. Auma wird seither rassistisch diffamiert, persönlich beleidigt und bedroht. Im Interview hatte die Sozialwissenschaftlerin beklagt, dass es an deutschen Hochschulen nach wie vor zu wenige Schwarze und People-of-Color Professor:innen sowie wissenschaftliches BPoC-Personal in dauerhaften Anstellungen gebe. So würde etwa die Zusammensetzung des wissenschaftlichen Personals der Berliner Hochschulen die „postmigrantische Realität der Stadt“ nicht adäquat abbilden.
Die Strategie der Rechtsextremen Die AfD-Sachsen Anhalt, namentlich ihr kulturpolitischer Sprecher, der als Rechtsaußen geltende und vom Verfassungsschutz beobachtete Hans-Thomas Tillschneider, hatte Auma daraufhin in den sozialen Netzwerken sowie auf der Webseite des Landesverbandes „Rassismus gegen Weiße“ und „Lobbyarbeit für Einwanderer aus Afrika“ vorgeworfen. Zudem sprach Tillschneider der international renommierten Forscherin die wissenschaftliche Qualifikation ab und forderte, die Professorin „in ihre Schranken zu verweisen“. Solche Reaktionen seien dezidiert rassistisch und außerdem eine typische, strategisch intendierte Reaktion auf rassismuskritische Aussagen von BPoC-Wissenschaftler:innen, sagt die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Frauen- und Geschlechterforschungseinrichtungen der Berliner Hochschulen (afg Berlin), Magdalena Beljan. So reihten sich die Invektiven gegen Auma in eine von rechten Kräften orchestrierte, groß angelegte Diffamierungskampagne ein. „Wir erleben das regelmäßig im Anschluss an den Aktionstag #4Gender-Studies, in dessen Rahmen ja das Interview im Tagesspiegel lief, dass Wissenschaftler:innen gezielt von Rechtsextremen eingeschüchtert werden.“
Rechte “Cancel Culture” Im medialen Diskurs über eine vermeintlich linke Cancel Culture, werde kaum zur Kenntnis genommen, dass die wirklichen, für Leib und Leben bestimmter Akteure bedrohlichen Versuche, kritische Positionen mundtot zu machen, aus dem rechten Lager erfolgten, sagt Beljan. Zudem werde die übliche Taktik bemüht, Positionen, die auf strukturellen Rassismus hinweisen, in absichtsvoller Geschichtsvergessenheit selbst als rassistisch zu brandmarken. Die rassistische Hetze gegen Maisha Auma reihe sich ein in eine Kampagne gegen BPoC-Wissenschaftler:innen, sagt Magdalena Beljan. „Diese Form der Bagatellisierung des Rassismus ist als diskursive Taktik in der Neuen Rechten sehr beliebt“, sagt Rüdiger Seesemann, Professor für Islamwissenschaft und Leiter des Exzellenzclusters „Africa Multiple“ an der Universität Bayreuth. In der seriösen Forschung herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass Rassismus ein historisch mit dem europäischen Kolonialismus verknüpftes Konzept darstellt. Ermordung, Unterdrückung und Ausbeutung wurde so der ideelle Boden bereitet.

via tagesspiegel: Diffamierung von Wissenschaftlerin – Kalkulierte Hetzkampagne