Sinti und Roma werden in Deutschland noch immer diskriminiert – auch an Schulen und Universitäten. Ein neuer Verband will dagegen angehen. Was muss er leisten? Victoria Groß, 32, erinnert sich noch gut an diesen einen Moment während ihrer Ausbildung zur Erzieherin. Ein Jahr lang habe sie damals schon mit ihrem Ausbildungsjahrgang zusammen gelernt, erzählt sie. Zu den meisten habe sie ein gutes, offenes Verhältnis gehabt. Als im Modul Religionspädagogik das Thema Holocaust behandelt worden sei, habe sie sich als Sinteza zu erkennen gegeben. Erst hätten alle offen reagiert, verständnisvoll, so erzählt es Groß. Einige Wochen später allerdings, in einer Diskussion über Verschleierung in der Öffentlichkeit, habe eine Mitschülerin sie mit dem Z-Wort angefahren und gesagt: »Du kannst das doch gar nicht nachvollziehen.« Heute, gut zwei Jahre später, beschäftigt Groß das Erlebte noch immer. »Ich war damals perplex, wusste nicht, wie ich reagieren sollte – das würde ich heute anders machen.«
In Mainz groß geworden und trotzdem ausgegrenzt. Groß ist in Mainz aufgewachsen, inzwischen studiert sie an der Hochschule Mannheim Kindheitspädagogik – als Erste in ihrer Familie. Ihre Großmutter war Sudetendeutsche, ihr Großvater stammte aus Schlesien. »Ich trage also eigentlich drei Minderheiten in mir«, sagt Groß. Eine Sinteza zu sein, sei aber das, was sie am meisten beschäftige. »Von den Minderheiten in diesem Land sind wir wohl die, die am meisten unterdrückt wird. Ich habe das Gefühl, dass das in den vergangenen Jahren noch schlimmer geworden ist«. Eine Situation wie die während der Ausbildung habe sie an der Uni zwar noch nicht erlebt. Dennoch begegne ihr Antiziganismus im Alltag immer wieder. (…) Ein neuer Studierendenverband soll das nun ändern. Er soll »empowern«, öffentlich machen, die Seiten beleuchten, die oft nicht beleuchtet werden – so sagt es Dotschy Reinhardt, 45, deren Idee der Verband war. Reinhardt ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bildungsreferat des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg; seit vielen Jahren schreibt sie darüber, wie Sinti und Roma sich gegen Ausgrenzung wehren können. Um dieses Wissen auch an die Unis zu tragen, hat Reinhard im vergangenen Dezember den »Studierendenverband der Sinti und Roma in Deutschland« ins Leben gerufen, es ist der erste seiner Art

via spiegel: Erster Studierendenverband für Sinti und Roma – »Mit uns nicht mehr«

Categories: AllgemeinGewaltroma