Eine homophobe Attacke, aufgeführt vor einem Millionenpublikum – und am Ende entschuldigt sich das Opfer. Das, was am Montagabend von Sat.1 bei „Promis unter Palmen“ ausgestrahlt wurde, ist für unseren Autor ein neuer Tiefpunkt des Privatfernsehens. Und das Schlimmste: Es ist nicht der erste Fall dieser Art. Gäbe es einen Award für den skrupellosesten TV-Sender des Landes, dann wäre der Preisträger wohl Sat.1. Ja, das mag merkwürdig klingen, schließlich war Sat.1 lange Zeit das kuschelige Familienprogramm der Pro-Sieben-Sat.1-Gruppe: wenig aneckend, aber auch ein wenig egal. Inzwischen allerdings wandert der Sender auf Pfaden, die selbst der Konkurrenz RTL zu sumpfig sind. Am Montagabend zeigte Sat.1 minutenlang eine homophobe Verbalattacke im Rahmen seiner Trash-Show „Promis unter Palmen“. Zur besten Sendezeit, ab 20.15 Uhr. In dieser beleidigt einer der Teilnehmer, Marcus Prinz von Anhalt, den schwulen Teilnehmer Burak Bildik, der als Dragqueen Katy Bähm durch Heidi Klums Show „Queen of Drags“ bekannt wurde, auf schlimmste Weise. Das, was man in dieser Sendung sieht, muss an dieser Stelle einmal protokolliert werden – auch, wenn es unerträglich ist. Zu sehen ist, wie sich Prinz Marcus an Mitteilnehmerin und Model Emmy Russ heranmacht. Auch Bildik alias Katy Bähm macht der jungen Frau ein Kompliment, was Marcus jedoch umgehend wütend macht. Der Bordellbesitzer attackiert die Dragqueen mit einem homophoben Ausdruck, der an dieser Stelle nicht wiederholt wird, und fährt dann fort: Es sei „ekelig“, wenn zwei Männer sich küssten. „Und es ist so, Fakt, und da steh ich zu, basta.“ Was dann passiert, ist ein minutenlanger, schwulenfeindlicher Horrortrip, den Bähm später in einer Rückblende nur schwer und unter Tränen beschreiben kann. Russ blickt sich zunächst erstaunt, aber immer noch lächelnd, um, ob die Worte noch jemand anderes gehört hat. Doch da fährt Marcus schon fort: Bähm könne ja gerne den Job als Dragqueen machen, solle aber „eine Frau f*cken und keinen Mann“. (…) Der Erste, der dem Prinzen ernsthaft kontert, ist ausgerechnet Willi Herren, der bislang mit derart anständigen Aktionen eigentlich nicht im Trash-TV aufgefallen war. Der Schauspieler brüllt den Prinzen entschlossen an: „Das ist ein No-Go, das sagst du nicht! Marcus, bei allem Respekt.“ (…) Die unglaublichen Szenen unterlegt Sat.1 mit spannungsgeladener Musik. Nach jedem Spruch des Pöbel-Prinzen folgt eine Art düsterer Tusch des Orchesters. Derweil werden immer wieder Szenen aus dem Sprechzimmer des Promi-Hauses eingeblendet. Hier sieht man Bildik, der sichtlich am Rande der Verzweiflung steht. Er habe „so eine Scheiße“ schon zur Genüge in seinem Leben ertragen müssen, und sei „nicht hier, um mir so was anzuhören“. Wieder ist es Willi Herren, der Zivilcourage zeigt: „Ey Leute, so was darf man nicht totschweigen“, brüllt er seinen Mitteilnehmern entgegen, die sich aus der Sache bislang gänzlich rausgehalten haben. „Der ist so besoffen, das kannst du gar nicht erst nehmen“, entgegnet einer. Andere versuchen, Herren zu beruhigen, wollen die Sache lieber schnell aus der Welt schaffen.
*Update, 18.30 Uhr: Nach massiver Kritik in den sozialen Netzwerken hat der Sender Sat.1 am Abend ein weiteres Statement zur Sendung veröffentlicht. Darin heißt es: „Prinz Marcus von Anhalt hat sich bei ‚Promis unter Palmen‘ inakzeptabel homophob geäußert. Wir haben versucht, diese Aussagen im Umfeld und im Anschluss der Sendung einzuordnen. Aber wir müssen feststellen: Diese Einordnung war so nicht ausreichend. Deswegen haben wir uns entschieden, die Folge online von allen Plattformen zu entfernen. Prinz Marcus von Anhalt wird in Zukunft in keiner Show von SAT.1 mehr stattfinden.“

via rnd: Homophobe Attacke in der Sat.1-Primetime: Ein Sender am Tiefpunkt

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