38-jähriger Angeklagter hat sich geständig gezeigt, Fuldaer Andreas Goerke, Vorsitzender des Bündnis “Fulda stellt sich quer”, terrorisiert zu haben. Geständnis reduziert Strafe. Ein im März 2019 vom Amtsgericht Fulda zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilter Mann musste sich am Freitag in einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht verantworten. Anders als im ersten Prozess gestand er nun, im Februar 2017 den Notruf gewählt, sich als Andreas Goerke, Vorsitzender des Bündnis “Fulda stellt sich quer”, ausgegeben und behauptet zu haben, gerade seine Frau umgebracht zu haben und packte über die AfD aus. Seine Strafe wurde gemindert. (…) Nachdem der Vorsitzende, Richter Dr. Jochen Müller, Auszüge aus dem Urteil des Amtsgerichts verlesen hatte, trug der mittlerweile 38-jährige Angeklagte, der ehemaliges Mitglied der AfD und ehemaliges Vorstandsmitglied der Jungen Alternative Hessen ist, eine mehrseitige Stellungnahme vor. Diese begann er mit einer kurzen Entschuldigung beim als Nebenkläger anwesenden Goerke. Anschließend schilderte er: “Ich hielt das damals eher für einen Spaß.” Er habe nicht gedacht, dass das einen solchen Polizeieinsatz nach sich ziehe. In wenigen Sätzen beschrieb er, dass er die Adresse Goerkes zwei Tage zuvor auf einem AfD-Stammtisch von einer Liste mit Daten zu allen “Fulda stellt sich quer”-Mitgliedern abgeschrieben habe. Am Tattag, einem Samstag, sei er mit dem Bus von Künzell nach Kohlhaus gefahren und habe dort mit verstellter Stimme und dem Ärmel seines Pullis über der Sprechmuschel den Anruf getätigt. (…) Insgesamt beschrieb der Angeklagte, in der Zeit, in die die Tat fällt, in einer Art Blase gewesen zu sein. Er sei von sich zu einer Parteiveranstaltung gegangen und habe dort schnell Anschluss gefunden. Er sei gebeten worden, auf verschiedene Veranstaltungen zu gehen und dann Bericht zu erstatten, dabei habe er Geld für die Fahrten und Spesen bekommen. Auch habe die gleiche Person ihm vorgeschlagen sich in den Vorstand der Jungen Alternative Hessen wählen zu lassen, um über die Aktivitäten dort auf dem Laufenden zu sein, er habe dafür einen Laptop und ein Smartphone zur Verfügung gestellt bekommen. Der 38-Jährige sagte aus, er habe der Person dann interne Protokolle des JA-Vorstands und Screenshots von Chats zukommen lassen. Darüber hinaus schilderte der Angeklagte, dass es Absprachen zwischen der Fuldaer AfD und Vertretern der als rechtsextremistisch eingestuften Kleinpartei Der Dritte Weg gegeben habe, “um ‘Fulda stellt sich quer’ zu beschäftigen”. So zum Beispiel für den Februar 2019, als an einem Tag Der Dritte Weg in Fulda demonstrierte und zeitgleich der AfD-Parteitag in Neuhof stattfand. Der Richter, Oberstaatsanwalt Gert-Holger Willanzheimer und Goerke als Nebenkläger stellten anschließend Nachfragen zu einzelnen Punkten, insbesondere auch zu dem Psychoterror in der Zeit rund um den verhandelten Notruf – es hatte unter anderem nicht bestellte Lieferungen und einen Feuerwehreinsatz, weil jemand einen Brand auf dem Grundstück Goerkes gemeldet hatte, sowie schließlich sogar Morddrohungen gegen den Sohn gegeben. Der Angeklagte sagte, über die anderen Vorfälle nur Kenntnis aus der Presse gehabt zu haben. Nannte aber eine Person, die hinter verschiedenen Fake-Profilen in den sozialen Medien stehen soll, von denen aus der Psychoterror seinen Anfang genommen hatte. “Jeder in der AfD wusste das”, sagte der Angeklagte.

via oberhessische zeitung: Mildere Strafe für Ex-AfD-Mitglied

siehe auch: Sollten sich Geständnis vor Landgericht bestätigen, müssen die AfD-Funktionäre Martin Hohmann und Pierre Lamely von allen politischen Ämtern zurücktreten. Das Landgericht Fulda hat das Urteil des Amtsgerichts gegen das ehemalige Vorstandsmitglied der Jugendorganisation der AfD Toni Reinhard bestätigt. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass sich der Verurteilte im Februar 2017 als Andreas Goerke (Vorsitzender des Vereins „Fulda stellt sich quer“) ausgab und damit einen Polizeieinsatz auslöste. Nun legte Reinhard ein umfassendes Geständnis ab und erhob dabei schwere Vorwürfe gegen Mitglieder des AfD-Kreisverbands Fulda.  Hierzu erklärt die stellvertretende Vorsitzende des Bündnisses „Fulda stellt sich quer“, Cornelia Thiessen-Westerhoff: „In dem rund 45-minütigem Geständnis sind Methoden der AfD beschrieben worden, wie sie einer demokratischen Gesellschaft nicht hinnehmbar sind. Ganz konkret warf er führenden Mitgliedern der AfD-Fulda Bespitzelung, Drohungen und Diskriminierung vor. Wenn sich diese Anschuldigungen erhärten, fordern wir den sofortigen Rücktritt von allen politischen Ämtern, sowohl von dem AfD-Kreisgeschäftsführer Pierre Lamely, als auch von dem Kreisvorsitzenden und AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann. Auf jeden Fall werden wir als Verein diese Anschuldigungen detailliert aufarbeiten.“