Wie kommt Polizeimunition ins Haus dieser Frau? Ermittler fanden bei der angeklagten Heilpraktikerin Susanne G. nicht nur eine scharfe Patrone. Sondern auch ein Zimmer voller NS-Devotionalien. Ein Zimmer ist den Polizisten noch heute deutlich in Erinnerung. »Der besondere Raum«, so ein Ermittler, liegt in einem Reihenhaus in der Gemeinde Leinburg nahe Nürnberg. In dem Reihenhaus wohnte und arbeitete die Heilpraktikerin Susanne G. Als ein Spezialeinsatzkommando (SEK) das Haus am 20. März 2020 gegen sechs Uhr stürmt, liegt sie im Bett. Darüber hängt eine Hakenkreuzflagge, auf dem Nachttisch liegen Adolf Hitlers »Mein Kampf« und ein Buch mit dem Titel »Der Jude als Weltparasit«. An der Wand lehnt ein Rudolf-Heß-Gemälde. »Der besondere Raum« ist ein Schlafzimmer voller NS-Devotionalien. Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts München unter Vorsitz von Richter Michael Höhne lässt an diesem Tag Fotos des Zimmers und des Hauses im Gerichtssaal zeigen. Die 55-jährige Susanne G. muss sich wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Störung des öffentlichen Friedens und Bedrohung vor Gericht verantworten. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass die Frau aus dem Landkreis Nürnberger Land kurz davor stand, einen Anschlag auf Polizisten, Kommunalpolitiker oder Muslime zu verüben. Sie soll bereits potenzielle Ziele ausgespäht haben. Auch Waffen finden die Ermittler, nicht nur im Schlafzimmer. Ein Teleskopschlagstock liegt gleich im Eingangsbereich des Hauses. »Zugriffsbereit«, sagt ein Polizist. Im Haus finden die Beamten einen Tomahawk, eine Machete, Messer, Revolver und Pistolen. Nach Angaben eines Polizisten handelt es sich dabei um Schreckschusswaffen. Sie finden auch eine scharfe Patrone. Laut einem Ermittler handelt es sich um »Behördenmunition«, wie sie »insbesondere im Bereich der Spezialeinheiten« verwendet werde. Wie aber kommt Polizeimunition in das Haus von Susanne G.? (…) Fünf Monate später, am 25. August 2020, durchsucht die Polizei ihr Haus erneut. Diesmal ist »der besondere Raum« frei von NS-Devotionalien. Susanne G. ist nicht zu Hause. Auf die Polizisten wirkt es, als sei sie untergetaucht. An der Haustür hängt ein Zettel. Die Heilpraktikerin informiert ihre Patientinnen und Patienten darüber, dass ihre Praxis vorübergehend geschlossen ist. Knapp zwei Wochen später wird sie bei einem Hotel in Fürth festgenommen. In dem schwarzen Jeep Cherokee finden die Ermittler diesmal Materialien, die nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft dazu geeignet sind, einen Brandanschlag zu verüben.

via spiegel: Heilpraktikerin vor Gericht – Hakenkreuzflagge über dem Bett