Rassismus in der sächsischen Polizei ist nicht erst seit der Black Lives Matter Bewegung in aller Munde. Immer wieder werden Kontrollen von Menschen mit wahrgenommenem Migrationshintergrund oder Polizeigewalt gegen Migrantinnen öffentlich, wie zuletzt im Januar 2021 in Chemnitz, als ein Paar von Beamtinnen wegen vermeintlicher Ruhestörung verletzt wurde. Auch Trefforte und Gewerbeeinrichtungen von Migrantinnen sind Zielscheibe nicht nur gesellschaftlicher Vorurteile, sondern auch polizeilicher Stigmatisierung. In Leipzig steht dafür exemplarisch die Eisenbahnstraße, wo sich in Gemüse- und Lebensmittelläden, Restaurants und Shisha-Bars ein reges Treiben migrantischen Lebens beobachten lässt. Nicht zufällig hat das Sächsische Innenministerium dort eine „Waffenverbotszone“ einrichten lassen, die Straße ist negative Projektionsfläche für Rechte aller Couleur. Insbesondere Shisha-Bars gelten im öffentlichen Diskurs als Orte „krimineller ausländischer“ Netzwerke und „dubioser Geschäftemacherinnen“.  Seit 2017 sind Shisha-Bars insbesondere in Berlin, in Frankfurt am Main und im Ruhrgebiet verstärkt Ziel polizeilicher Maßnahmen. Von martialischen Kontrollen ohne ausreichende Gefahrenprognose und ohne nennenswerte Ergebnisse können dort viele Barbetreiber*innen ein Lied singen. In einem Beitrag in der TAZ schätzt der Rechtsanwalt Erkan Zünbül ein, dass Razzien in diesen Lokalen „von der Präsenz her eher militaristisch als gewerberechtlich“ seien. Auch ein aktuelles Beispiel einer Polizeimaßnahme in der Leipziger Shisha-Bar Majestic weist auf ein mögliches rassistisches Agieren der Polizei hin. (…) „Drei Beamte wurden von Barbesuchern attackiert und verletzt. Erst nach einem Warnschuss suchten die Angreifer das Weite“ titelte bundesweit die Presse. Nach Darstellung mehrerer Zeug*innen spielte sich der Sachverhalt jedoch anders ab als von der Polizei beschrieben.  Was war geschehen? „Wir saßen mit einer größeren Gruppe vor der Shisha-Bar. Als ein Platzregen nieder ging, suchten wir Schutz in der Bar – auch in den benachbarten Gastro-Betrieben taten die Gäste das Gleiche“ meint Anna gegenüber la-presse.org.  
„Nach gut einer halben Stunde strömten Beamte wortlos in die Bar. Das metallene Klacken von Teleskopschlagstöcken war zu hören. Es war gespenstisch. Die Tür wurde von den Beamten von innen blockiert“ ergänzt Lisa. Vor der Bar suchen Mitarbeiter des Lokals die Kommunikation mit Beamten. Im Dialog mit einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes stellt sich heraus, dass es um Verstöße gegen die Corona-Schutz–Verordnung gehen soll – es wird darüber gesprochen, dass die Gäste abkassiert werden, das Lokal verlassen und draußen ihre Personalien abgeben sollen. Währenddessen spitzt sich die Lage in der Bar zu. Mehrfach soll von verschiedenen Beamten „Kanackenpack, Dreckskanacken und Drogendealer“ zu hören gewesen sein. Eine Information über den Grund des Polizeieinsatzes und das was jetzt geschehen wird, bleibt seitens der Polizei aus. Als ein Gast die Beamten bittet den Sachverhalt in Ruhe mit dem Personal zu klären, da die „Gäste langsam Angst bekommen“, wird der von einem Polizisten unvermittelt geschlagen. (…) Bis zu diesem Moment wirkte die Szenerie entspannt. Ca. 15 junge Frauen und Männer einer Gruppe, berufsbedingt durchgeimpft, sitzen in den flauschigen Sofas. Im entstehenden Gerangel gehen Shishas zu Bruch. Glühende Kohle landet auf einem Sofa. Es entsteht Rauch und Panik. Als eine junge Frau auf einen Polizisten einredet, droht er ihr einen Schlag auf ihren Kopf an. Ein Mitarbeiter weist ihn auf die Überwachungskameras hin, erst dann hält der Beamte inne. Ein Gast verlässt den blockierten Raum durch ein Fenster. Die Gäste im unteren Raum, mehrheitlich junge Frauen, verlassen die Bar durch die Eingangstür. Draußen liegt eine Person am Boden und wird geschlagen. Es ist keine Polizistin wie in der Pressemeldung der Polizei beschrieben. Es fällt ein Warnschuss. Der Warnschuss, der in Verbindung mit einer Shisha-Bar am darauffolgenden Tag bundesweit durch die Presse gehen wird. Die Bar wird vom Betreiber verschlossen und er verlässt das Geschehen. Nach einer Weile klingelt sein Handy. Die Polizei ist am Apparat. Er wundert sich, woher sie seine Nummer haben, teilt jedoch die Bedenken hinsichtlich der umgefallenen Shishas und eines möglichen Brandes. Er fährt zurück, sein Auto wird umstellt, durchsucht und er wird festgenommen. Auf dem Revier wird er erkennungsdienstlich behandelt, seine DNA entnommen das Mobiltelefon beschlagnahmt. Die Protokolle liegen uns vor.

via la-presse: „Die Polizei soll sich mal integrieren“ – Warnschuss bei Corona-Kontrolle in Shisha-Bar