Wanderwitz im Interview über Männer, die nie die DDR live erlebt haben, aber bestimmte „demokratieproblematische Denkmuster von den Eltern übernommen“ haben. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, ist für seinen Versuch, den Erfolg der AfD im Osten Deutschland mit „Diktatursozialisierung“ zu erklären, heftig kritisiert worden. Er sieht sich durch die Wahlergebnisse in Sachsen-Anhalt aber bestätigt. Ein Gespräch über die Wirkung seines Frontalangriffs, Fehler der CDU und das Problem mit der Ostidentität. Herr Wanderwitz, Sie brachten als Grund für den AfD-Erfolg im Osten die Sozialisierung der Wähler in der SED-Diktatur ins Spiel. Es haben aber in Sachsen-Anhalt vorrangig die Jüngeren AfD gewählt, die mit der DDR wenig bis gar nichts zu tun hatten. Lagen Sie falsch? Am wenigsten haben die Über-60-Jährigen AfD gewählt, die höchsten Anteile sehen wir bei den 30- bis 60-Jährigen. Genau diese Altersgruppen habe ich gemeint. Und davon auch nicht alle, sondern nur einige. Es gibt 30-jährige Männer, die nie die DDR live erlebt haben, aber die bestimmte demokratieproblematische Denkmuster von den Eltern übernommen haben. Es hat sicher auch eine ganze Menge mit dem Transformationsprozess nach 1990 zu tun, da gibt es noch Wunden. Das kam in meinen Aussagen im FAZ-Podcast zu kurz. Ich habe seit der Debatte drüber nachgedacht, ob es ein besseres Wort gibt. Aber es entspricht meinen Beobachtungen aus 25 Jahren Politik in Sachsen. Wir haben es mit Verfestigungen von schwierigen Überzeugungen zu tun, die mich beunruhigen und die mit der politischen Kultur der DDR zu tun haben. Ich nenne mal als Beispiel das Schwarzweißdenken oder die Anfälligkeit für einfache „Wahrheiten“. Es schockiert mich, wie viele Menschen kein Problem damit haben, eine offen rechtsextreme Partei zu wählen

via berliner zeitung: Rechtsextremismus und Ostdeutschland : Ostbeauftragter Marco Wanderwitz: „Anfälligkeit für einfache Wahrheiten“