Sie soll Muslime bedroht und einen Anschlag geplant haben: Heilpraktikerin Susanne G. pflegte auch Kontakte ins Umfeld der Terrorbande NSU, wie vor Gericht klar wird. Eines hat sie noch gut in Erinnerung. »Die Weinflaschen mit dem Hitler-Etikett – die sind mir im Kopf geblieben«, sagt die Polizistin vor Gericht. »Ich weiß noch, dass die Flaschen in Reih und Glied standen.« Die Polizistin war dabei, als im Oktober 2014 das Haus von Susanne G. in der Nähe von Nürnberg durchsucht wurde. »Ich habe mich damals schon gewundert, dass es so etwas gibt.« Seit April muss sich Susanne G. vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) München verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft der 55 Jahre alten Heilpraktikerin vor, zwischen Dezember 2019 und März 2020 zwei Politiker, eine muslimische Gemeinde und einen Flüchtlingshilfeverein bedroht und einen Anschlag vorbereitet zu haben. Die Anklage lautet unter anderem auf Bedrohung und Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Im September 2020 wurde Susanne G. festgenommen. In ihrem Auto fanden die Ermittler Utensilien, aus denen sich eine sogenannte Benzinhandbombe basteln ließ. Die Anleitung zum Bombenbau stand in dem Buch »Die Autobombe«, das Susanne G. im Mai 2020 laut Anklage bei Amazon gekauft hat. Mit Gewehr und Pistole posiert. Bei der Durchsuchung damals im Jahr 2014 ging es um etwas anderes. Bei Ermittlungen im Rockermilieu hatte die Polizei auf dem Handy eines Verdächtigen ein Foto von Susanne G. gefunden. Auf dem Bild posierte Susanne G. mit einem Sturmgewehr und einer Pistole. So schildert es ein Ermittler am Freitag vor Gericht. Das Klubheim der Gang und Susanne G.s Wohnung wurden durchsucht. Über rechte Aktivitäten der Rockerbande ist dem Kriminalhauptkommissar nichts bekannt, über Verbindungen der Angeklagten in die rechte Szene durchaus. Susanne G. war Mitglied der Neonazi-Partei III. Weg. »Für diese Partei ging sie auch oft auf Demonstrationen und war als Ordnerin tätig«, sagt der Zeuge. Das Gericht führt Fotos vor, die eine freie Journalistin der Polizei zur Verfügung gestellt hat. Sie zeigen die Angeklagte in den Jahren 2016 bis 2020 bei Aufmärschen des III. Wegs in verschiedenen Städten in Bayern, Thüringen und Sachsen Nach Erkenntnissen der Behörden soll G. mit dem Vorsitzenden der Partei, Klaus Armstroff, auch an einem Schießtraining in Tschechien teilgenommen haben. (…) Mehreren Mitgliedern des III. Wegs überwies Susanne G. Geld, auch andere Personen aus der rechten Szene unterstützte sie finanziell. Darunter ist ein Mann aus dem Umfeld der Terrortruppe »Nationalsozialistischer Untergrunds« (NSU). 100 Euro überwies Susanne G. den Ermittlungen zufolge 2017 an André E. Als »Gefangenenhilfe«, wie der LKA-Mann sagt. (…) Bei Susanne G. wurden auch Briefe an André E. und an einen weiteren Helfer des NSU gefunden: Ralf Wohlleben. Wohlleben wurde wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen verurteilt. Er soll die NSU-Terroristen dabei unterstützt haben, die Waffe zu besorgen, mit denen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos neun Menschen türkischer und griechischer Herkunft erschossen. Susanne G. hatte eine Dauerbesuchserlaubnis, um Wohlleben und André E. im Gefängnis zu besuchen. Nach Erkenntnissen der Ermittler hielt sie nach deren Freilassung aus dem Gefängnis weiter Kontakt zu den Extremisten. Susanne G. wird von Anwältin Nicole Schneiders und Anwalt Wolfram Nahrath verteidigt. Beide sind auch die Verteidiger Wohllebens.

via spiegel: Heilpraktikerin als Rechtsterroristin angeklagt – Weinflaschen mit Hitler-Etikett