Bei den illegalen Protesten der “Querdenker”-Szene am Wochenende in Berlin sind fast 1.000 Menschen vorübergehend festgenommen worden. Laut Polizei kamen die meisten von auswärts. Ein Demonstrant starb an einem Herzinfarkt. Die Polizei hat bei den nicht genehmigten Protesten gegen die Corona-Politik am Wochenende in Berlin 950 Menschen festgenommen. Diese Zahl nannte Polizeisprecher Thilo Cablitz am Montag dem rbb. Die meisten davon wurden nur vorübergehend wegen Missachtung des Versammlungsverbotes festgenommen, aber auch wegen Gewalt oder Widerstands gegen Einsatzkräfte. Mehr als 60 Prozent der Festgenommenen kamen demnach nicht aus Berlin. Die Polizei leitete nach eigenen Angaben 503 Ermittlungsverfahren ein, unter anderem wegen tätlichen Angriffen, besonders schweren Landfriedensbruchs und Gefangenenbefreiung, Teilnahme an einer verbotenen Versammlung sowie Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz. 75 verletzte Einsatzkräfte. Die Strategie, größere Versammlungen möglichst schnell zu stoppen, sei grundsätzlich richtig gewesen, so der Polizeisprecher. Die wechselnde Dynamik habe die Polizei aber vor eine schwierige Aufgabe gestellt. “Berlin ist eine große Stadt und wir können tatsächlich nicht jeden Straßenzug absperren”, sagte Cablitz. 75 Einsatzkräfte der Polizei wurden verletzt, die meisten davon nur leicht. Die Polizei hätte sich “grundsätzlich mehr” als die 2.000 eingesetzten Kräfte gewünscht, so Cablitz. Allerdings seien viele Einsatzkräfte der anderen Bundesländer derzeit in den Überschwemmungsgebieten gebunden. (…) Die Zahl der Festnahmen gab Geisel mit 967 an. Praktisch jeder fünfte Demonstrant sei einer Identitätsfeststellung unterzogen worden. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wies auf die Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr hin, die gezeigt hätten, dass es aus den Versammlungen heraus immer wieder zu schweren Straftaten komme. “Angesichts der enormen Gewaltbereitschaft und zahlreicher verletzter Kolleginnen und Kollegen war es richtig, entsprechende Demos vorab zu untersagen, so dass sich gar nicht erst Zehntausende versammeln konnten”, teilte der Sprecher der Berliner GdP, Benjamin Jendro, am Montag mit.
Am Montagmorgen wurde bekannt, dass ein 49-jähriger Teilnehmer der Proteste am Sonntag im Krankenhaus gestorben ist. Nach Angaben der Partei “Die Basis” handelt es sich um einen Mitgründer des Landesverbands NRW. Wie die Berliner Generalstaatsanwaltschaft mitteilte, erlitt der Mann einen Herzinfarkt. Das habe die Obduktion ergeben. Hinweise auf “todesursächliche äußere Gewalteinwirkung” im Rahmen der Festnahme lägen nicht vor. Die Todesermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. Den Angaben zufolge hatte er eine Sperrkette der Polizei durchbrochen, dabei einen Polizeibeamten umgerissen und verletzt. Der Polizist habe ihn daraufhin verfolgt, zu Boden gebracht und vorläufig festgenommen. Unmittelbar danach habe der Mann über Schulterschmerzen geklagt, aber zunächst auf einen Arzt verzichtet. Später habe er erneut über Schmerzen geklagt, so dass die Polizei einen Rettungswagen angefordert habe, der nach wenigen Minuten eingetroffen sei. Nachdem er gegenüber den Rettungskräften und einem Notarzt auf Brustschmerzen und Kribbeln in den Händen hingewiesen habe, sei er kollabiert. “Die sofort eingeleiteten Reanimationsmaßnahmen blieben erfolglos, er verstarb am Abend auf der Intensivstation der Charité”, teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit. Bei den Protesten wurde am Sonntag auch der Gewerkschaftsvertreter Jörg Reichel angegriffen und verletzt. Reichel ist der Landesgeschäftsführer der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in Berlin-Brandenburg. Er wurde von Teilnehmern der eigentlich verbotenen “Querdenken”-Demonstration vom Fahrrad gezerrt, geschlagen und getreten. Zuerst hatte der “Tagesspiegel” berichtet. Die Polizei leitete wegen gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung und versuchtem Diebstahl ein Ermittlungsverfahren ein, wie eine Polizeisprecherin am Montag sagte. Die Bundesregierung verurteilte die Gewalttat gegen Reichel scharf. Der Angriff sei absolut unverständlich und zu verurteilen, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer und sprach von einem “Missbrauch des Demonstrationsrechts”. Dem Tagesspiegel zufolge ließen die Täter erst durch das Eingreifen von Passanten von Reichel ab. Der Gewerkschaftler soll Verletzungen an Schulter und Beinen erlitten haben

via rbb: Polizei-Bilanz – 950 Festnahmen bei “Querdenker”-Protesten – die meisten nicht aus Berlin