Zehn Jahre nach dem Auffliegen der rechtsextremen NSU-Terrorzelle bleibt bei Angehörigen und Beobachtern Enttäuschung über ungeklärte Fragen rund um die Mordserie. In Bezug auf die Rolle des V-Mann-Führers Andreas Temme in Hessen seien viele Fragen offen, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, in einer Diskussion zu den NSU-Morden in Berlin. Auch das Motiv für den Mord an der Polizistin Michelle Kiesewetter sei nicht klar. «Am Ende bleibt dieses sehr, sehr unwohle Gefühl», bilanzierte Haldenwang. Temme hielt sich während der Ermordung des Kasseler Internetcafé-Betreibers Halit Yozgat 2006 in dessen Café auf, will aber nichts gesehen oder gehört haben. Die Anwältin Seda Basay-Yildiz sagte, ihre Mandanten rechneten nicht mehr mit einer lückenlosen Aufklärung, sie hätten resigniert. Dem Verfassungsschutz warf sie vor, Informationen zurückzuhalten. In seiner Behörde gebe es «keine weiteren Informationen, die den Sachverhalt in ein neues Licht rücken», beteuerte Haldenwang.

via zeit: Noch immer viele offene Fragen um NSU-Mordserie

siehe auch: Immer mehr rechtsextreme Verdachtsfälle bei Sicherheitsbehörden. Zehn Jahre nach Bekanntwerden der NSU-Morde sieht eine Studie zu Rechtsextremismus in Behörden noch immer Handlungsbedarf. Landesbehörden meldeten seit 2017 319 Fälle. In deutschen Sicherheitsbehörden werden nach Erkenntnissen des Mediendienstes Integration immer mehr rechtsextreme Verdachtsfälle registriert. Seit Anfang 2017 waren es allein in den Behörden der Länder 319 solcher Fälle, wie aus einer Studie anlässlich des zehnten Jahrestages des Bekanntwerdens der NSU-Mordserie hervorgeht. Die Bundesbehörden meldeten 59 Vorkommnisse, Militärischer Abschirmdienst und Bundeswehr insgesamt 1.064. Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sahen sich nach dem Bekanntwerden der NSU-Mordserie im Jahr 2011 massiver Kritik ausgesetzt. Zum einen wegen fehlender Zusammenarbeit, zum anderen gab es auch den Vorwurf, dass die Behörden das Problem des Rechtsextremismus in den eigenen Reihen nicht ernst genommen hätten. Die Lageberichte verschiedener Behörden zu dem Thema heute zeigten, dass die Sicherheitsbehörden “das Thema ernster als zuvor” nähmen, heißt es in der Studie des Mediendienstes. “Und sie schauen genauer hin, wenn es um Rechtsextreme in ihren eigenen Reihen geht.” Allerdings sehen die Studienautoren noch weiteren Handlungsbedarf.