Mutmaßliche undemokratische Umtriebe hinter Bauernhofschule. Aus Sorge um die Auswirkungen der staatlichen Corona-Maßnahmen wollen Eltern in Mittelhessen eine Ergänzungsschule gründen. Dort sollen ihre Kinder “frei lernen” können. Nach hr-Informationen mischen dabei “Reichsbürger” und rechte Verschwörungstheoretiker mit. “Lasst uns eine neue Art der Schule gründen, eine Schule wo unsere Kinder frei und glücklich sein können”, schreibt eine Frau mit Nutzerinnenname “Namaste” in einem Telegram-Chat. Gemeinsam mit ihr sorgen sich darin rund 120 weitere Menschen um das Wohl ihrer Kinder in der Corona-Pandemie. Sie suchen nach Lernorten im Lahn-Dill-Kreis und in der Region Weilburg, an denen sie ihrem Nachwuchs alternative Lerninhalte außerhalb des staatlichen Schulsystems bieten wollen. Eine solche sogenannte Bauernhofschule gibt es. “Die Schule befindet sich projektabhängig an verschiedenen Orten und Örtlichkeiten, mit einem festen Sitz in Leun”, heißt es in einem Konzept, das dem hr vorliegt. Aus Posts im Chat geht hervor, dass die Eltern dort den Kindern zeigen wollen, wie man Gemüse anbaut, mit Tieren umgeht und mit der Natur in Einklang lebt. Sie haben vor, ihre Bauernhofschule beim staatlichen Schulamt offiziell als Ergänzungsschule registrieren zu lassen. (…) Das Kultusministerium in Wiesbaden registriert seit diesem Sommer unter den Labels Bauernhofschule oder Freies Lernen vereinzelt Elterninitiativen. “Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Initiatoren um solche Menschen handelt, die sich zumindest den Corona-Schutzmaßnahmen und vor allem der Frage der Testungen nicht anschließen wollen oder diese sogar ganz ablehnen”, gibt ein Ministeriumssprecher auf hr-Anfrage zur Auskunft. (…) Nach unseren Recherchen liegt der Verdacht nahe, dass es bei der Ergänzungsschule im Lahn-Dill-Kreis um mehr als die Ablehnung der staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen geht. Der hr konnte Einblick nehmen in das interne Netzwerk hinter der Elterninitiative. In diesem als “Vernetzungsgruppe” bezeichneten Chat werden politische Ansichten ausgetauscht, wie sie in der “Querdenken”-Bewegung, bei “Reichsbürgern” und unter selbst ernannten Völkischen Siedlern üblich sind. Bislang haben die Initiatoren der Elterngruppe Fragen des hr dazu nicht beantwortet. Als im Rahmen einer geplanten Vereinsgründung für die Bauernhofschule Nutzerin “Christiane” danach fragt, ob sich jemand mit Steuerfragen auskennt, reagiert ein Teilnehmer im typischen “Reichsbürger”-Jargon: “In der BRD GmbH gibt es kein Finanzamt!!!! Fangt an zu kämpfen. Wer Geld an dieses System zahlt, macht sich strafbar.” (…) Neben Nachhilfe in “Reichsbürger”-Kunde finden sich auch offen rechtsextreme und antisemitische Weltbilder im Chat der “Vernetzungsgruppe”. So schreibt eine Teilnehmerin, die sich als Schamanin bezeichnet: “Patrioten, schaut euch unbedingt diese wahren Geschichten an. Die wirkliche Wahrheit über das deutsche Volk. Denn die zionistischen Alliierten sind das wahre Feindbild gewesen. In allen KZs wurden keine Juden vergast. Sie wurden ausgewiesen.” Den Holocaust zu leugnen, ist eine Straftat. Doch das scheint in der Gruppe niemanden gestört zu haben.

via hessenschau: “Querdenker”, “Reichsbürger” & Co. – Hinter der Bauernhofschul-Idylle stecken wohl Rechtsextreme