Im oberfränkischen Wunsiedel sind rund 150 Neonazis durch ein Wohngebiet marschiert. Ein Zeichen dafür, dass die Szene ein Mobilisierungsproblem hat. Gegen den Aufmarsch protestieren mehrere hundert Menschen. Wunsiedel im Fichtelgebirge wird seit Jahrzehnten von Neonazis aus ganz Deutschland heimgesucht. Auf dem Friedhof der Stadt wurde Rudolf Heß, Stellvertreter Adolf Hitlers, nach seinem Tod beerdigt. 2011 wurde die Grabstätte aufgelöst, doch der Ruf des zum Friedensstifter verklärten Reichsministers hallt nach. Immer wieder kommen Rechtsextreme, um dem Kriegsverbrecher zu huldigen. 150 Neonazis in Wunsiedel – Rückschlag für die Szene. Vor allem die neonazistische Kleinpartei “Der dritte Weg” mobilisiert jährlich nach Wunsiedel am Wochenende zum Volkstrauertag. Dort führen die Anhängerinnen und Anhänger der Partei das sogenannte “Heldengedenken” durch. Ein Begriff aus dem historischen Nationalsozialismus, der ein Bekenntnis zum NS-Staat impliziert. In diesem Jahr allerdings konnten die Neonazi-Kader der Partei am Samstagabend laut Polizei lediglich 150 Menschen ins Fichtelgebirge mobilisieren und blieben so deutlich hinter den Teilnehmerzahlen der vergangenen Jahren zurück. Diese lagen teils bei mehr als 250 Anhängern. Mitte der 2000er Jahre pilgerten noch mehrere tausend Neonazis nach Wunsiedel. Mit der gestrigen Demonstration zeigte sich daher, dass die Partei in Bayern nicht mehr über das Mobilisierungspotential verfügt, dass sie noch vor ein paar Jahren hatte.
Neonazikader und verurteilte Rechtsterroristen vor Ort. Angeführt wurde der Fackelmarsch vom neuen Parteivorsitzenden Matthias Fischer, der bis zu seinem Wegzug 2014 vor allem im Freistaat als Führungskader der rechten Szene fungierte und auf einer Kontaktliste des NSU-Kerntrios stand. Vor Ort war auch der als Rechtsterrorist verurteilte Karl-Heinz Statzberger. Er hatte zusammen mit anderen Neonazis Anfang der 2000er Jahre einen Bombenanschlag auf die Grundsteinlegungsfeier des jüdischen Gemeindezentrums in München geplant. Auch Nicole Schneiders, Verteidigerin eines Angeklagten im NSU-Prozess sowie Anwältin der Neonazi-Aktivistin Susanne G. aus dem Nürnberger Land, war in Wunsiedel zugegen. Letztere hat laut Generalbundesanwalt einen rechten Terroranschlag geplant. Sie wurde erst kürzlich zu sechs Jahren Haft verurteilt und legte Revision ein.

via br: Trotz Protest: 150 Neonazis ziehen ungestört durch Wunsiedel

siehe auch: Neonazis versammeln sich in Oberfranken – Rechtsextremisten und verurteilte Terroristen marschieren durch Wunsiedel. (…) Der Holocaust-Leugner Matthias Fischer führt den Zug an. Sein Name taucht auf einer Kontaktliste der Rechtsterroristen des NSU um Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe auf. Er hat jahrelang in Fürth gewohnt, ehe ihn der massive Widerstand der Bürger gegen seine Aktivitäten vertrieben hat. Fischer war lange Zeit Führungskader der rechten Szene im Freistaat, seit kurzem ist er Vorsitzender des “III. Weg”. Tony Gentsch, der die Versammlung in Wunsiedel angemeldet hat und die Leute jetzt dirigiert, ist sein Statthalter in Oberfranken. Gentsch sitzt inzwischen im Stadtrat von Plauen in Sachsen und im Kreistag des Vogtlandkreises. Man fühlt sich stark. Daneben marschiert Klaus Armstroff, Gründer des “III. Wegs” und früherer NPD-Aktivist. Ignorieren statt Agieren
Vor Ort ist auch der als Rechtsterrorist verurteilte Karl-Heinz Statzberger. Er hatte zusammen mit anderen Neonazis Anfang der 2000-er Jahre einen Bombenanschlag auf die Grundsteinlegungsfeier des jüdischen Gemeindezentrums in München geplant. Auch Nicole Schneiders, Verteidigerin des Angeklagten Ralf Wohlleben im NSU-Prozess, ist zugegen. Sie war auch die Anwältin der als Rechtsterroristin verurteilten Susanne G. aus dem Nürnberger Land, die Anschläge auf den Landrat, einen Bürgermeister und die türkisch-islamische Gemeinde in Röthenbach/Pegnitz geplant hatte und im Sommer zu sechs Jahren Haft verurteilt worden war (…) Das antifaschistische Bündnis “Nicht lange Fackeln” hatte nach eigenen Angaben versucht, mit 400 Demonstranten den Aufmarsch der Rechten zu stören, war aber nicht in ihre Nähe gekommen. Die Polizei, die mit zahlreichen Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei, der Bundespolizei und der Präsidien Mittelfranken in Nürnberg und Oberfranken in Bayreuth vertreten war, hatte ein Aufeinandertreffen verhindert.; Rechtes Treffen für Nachwuchsextremisten. Anhänger der Neonazipartei Der Dritte Weg haben sich zum Gedenkmarsch getroffen. Seit Jahren werden die Teilnehmer der rechten Veranstaltung weniger – aber auch jünger. Vermummte Männer und Frauen, in den Händen Fackeln und Flaggen, stehen Spalier vor einem Kriegerdenkmal und blicken grimmig in die Dunkelheit. “Unheimlich ist die Macht der Toten”, raunt Klaus Armstroff, Gründer der Neonazipartei Der Dritte Weg, am Rednerpult. Am Eingang des Denkmals stehen zwei Jugendliche, ein Junge und ein Mädchen. Er hält sichtlich stolz die grün-weiße Fahne des Dritten Wegs, sie trägt eine Mütze mit Parteilogo und einen pinkfarbenen Mund-Nasen-Schutz. Man könnte meinen, es gebe spaßigere Freizeitbeschäftigungen für junge Menschen, als toter Nazis und Neonazis zu gedenken. Doch die zwei Nachwuchsnationalisten gehen völlig auf im NS-Kitsch: Armstroff ruft zu Sprechchören auf, die beiden stimmen lautstark mit ein. (…) Die sektenartige NS-Verehrung spricht nicht nur altgediente Neonazis an: Auch auffällig viele junge Menschen nahmen teil.
Jugendarbeit als Ticket in die Militanz. Das liegt wohl an der Parteiarbeit des Dritten Wegs: Die militanten Neonationalsozialisten geben sich gern als Kümmerer für die Jugend aus. Im sächsischen Plauen zum Beispiel bietet die Partei seit Jahren Hausaufgabenbetreuung an und veranstaltet Ausflüge mit Kindern und Jugendlichen. Für junge Menschen kann dies das Ticket in die militante Neonaziszene sein. Die Partei, die nach eigenen Angaben rund 600 Mitgliederinnen und Mitglieder zählt, ist 2013 aus der verbotenen Neonazikameradschaft Freies Netz Süd heraus entstanden. Der neue Vorsitzende Matthias Fischer stand mutmaßlich dem NSU-Trio nahe. Erst in diesem Jahr wurde eine bayerische Heilpraktikerin, die Parteimitglied ist, zu einer Haftstrafe verurteilt, weil sie einen Terroranschlag vorbereitet hatte. Zuletzt wollten mehrere Mitglieder an der deutsch-polnischen Grenze Migranten aufhalten – ausgerüstet mit Machete, Schlagstock und Bajonett. In der Partei gelten radikale Neonazis als Helden: Man gedenke heute nicht nur der “Ahnen”, sondern auch jener, “die sich in der Gegenwart” für die nationale Sache engagieren, sagte Matthias Fischer in seiner Rede. Fischer hatte an diesem Tag den Parteigründer Klaus Armstroff als Vorsitzenden des Dritten Wegs abgelöst, wie auf der Kundgebung bekannt gegeben wurde