Die Zahl der Corona-Intensivpatienten steigt. Eine Pflegerin aus Stuttgart berichtet vom täglichen Kampf gegen das Sterben – ein belastender Kampf. Schutzbrille, FFP3-Maske, Haube, Kittel und Handschuhe: Meryl Meister kämpft an vorderster Front gegen das Coronavirus. Es ist ein tägliches Aufbäumen gegen den Tod, eingeteilt im Dreischichtsystem. Die junge Frau arbeitet als Pflegekraft auf der Corona-Intensivstation des Klinikums Stuttgart. Eine hermetisch abgeriegelte Abteilung – wer wieder raus möchte, muss sogar seine Schuhsohlen desinfizieren. 19.14 Uhr, Meryl Meister hat Spätdienst. Die junge Pflegerin steht in Patientenzimmer 3.004 und macht sich Sorgen. In der Mitte des kleinen Raums liegt ein alter Mann, umgeben von Bildschirmen und Geräten, nur mit einem Handtuch bedeckt. Kaum merklich hebt und senkt sich sein Brustkorb. Vor gut zwei Wochen kam der 77-Jährige mit Corona in die Klinik, vor fünf Tagen musste er ins künstliche Koma versetzt werden. Seitdem drehen und wenden sie seinen Körper im immergleichen Rhythmus, 16 Stunden Bauch, acht Stunden Rücken, um die Atmung zu unterstützen. Aber nun spricht er nicht mehr gut darauf an. Die Lunge sei nicht mehr so stabil, sagt Meister. “Ich habe noch nie so viel Menschen sterben sehen”. Die Pflegerin kennt das bereits. Die Patienten seien fast immer bei Bewusstsein, wenn sie ankämen. Nach vier oder fünf Tagen verschlechtere sich dann häufig der Zustand. Die meisten müssten künstlich beatmet werden. Viele wachen erst nach Wochen wieder auf, viele gar nicht mehr. Meryl Meister wechselt den vollen Katheter des Mannes, füllt Medikamente nach und nimmt Blut ab, um den Sauerstoffgehalt zu überprüfen. Mehr kann sie nicht machen. Corona ist eine Scheißkrankheit. Unberechenbar. Und es gibt keine Lösung. Meryl Meister, Intensivpflegerin. Seit sechs Jahren arbeitet sie auf der Intensivstation. Sie mag ihren Job, weil sie sich mehr Zeit für ihre Patienten nehmen als anderswo. Aber das Virus zehrt an den Kräften. Fragt man Meister nach den vergangenen Monaten, sagt sie: “Ich habe noch nie so viele Menschen sterben sehen.” Und der Winter kommt erst noch. “Man steht oft davor und kann nicht mehr.”

via zdf: Intensivpflegerin berichtet -“Habe noch nie so viele sterben sehen”

Categories: Allgemein