Mitglieder eines Erfurter Neonazivereins haben eine rechtsextreme Partei gegründet. Ihre Kader sind politisch bedeutungslos – aber ideologisch gefestigt und gewaltbereit. Breit gebaute Männer mit kahl rasierten Glatzen sitzen in bierzeltseliger Stimmung beieinander. Sie rauchen, schwingen Reden und Flaggen. Was auf Fotos aussieht wie ein Umtrunk freundschaftlich verbundener Hooligans, soll der Bundesparteitag einer neuen Neonazipartei sein, der Neue Stärke Partei (NSP). Ihre Symbole, Fahnen und Uniformen sehen jenen der Kleinstpartei Der Dritte Weg zum Verwechseln ähnlich. Dort liegen auch ihre Wurzeln. Die Gründer der NSP, die Thüringer Neonazis Michel Fischer und Enrico Biczysko, haben sich im Streit vom Dritten Weg getrennt. Nun machen die erfolglosen Außenseiter ihr eigenes Ding – ausgerechnet mit dem Ziel, die “nationalen Kräfte” zu bündeln. Das aber dürfte nicht leicht werden. Nach eigenen Angaben verfügt die neue Partei über eine dreistellige Mitgliederzahl. Bislang war die Gruppe als Verein im thüringischen Erfurt aktiv. Nimmt man dessen Demonstrationen als Maßstab, wären schon 200 Mitglieder eine hoch gegriffene Schätzung. Ob es beim Parteitag im sachsen-anhaltischen Magdeburg überhaupt zu einer formellen Parteigründung gekommen ist, ist fraglich: Im Parteienregister des Bundesinnenministeriums taucht die NSP bislang noch nicht auf. Immerhin haben die Mitglieder ein siebenseitiges Parteiprogramm formuliert. Wie ihr Vorbild Dritter Weg setzen sie auf eine Kombination aus Militanz, Kampfsport und rechter Sozialromantik. Man wünscht sich weniger einsame Rentner, eine Stärkung der deutschen Familie “bestehend aus Mann, Frau und Kindern” und eine Schulausbildung im Sinne preußischer Tugenden. So gut wie nichts in diesem Programm ist ernst zu nehmen – bis auf einen Punkt: “Wir installieren in jeder deutschen Stadt und Region eine Gemeinschaft der Tat, bestehend aus Jung und Alt.” Das erklärte Ziel sei, “die eigene Heimat zurückzuerobern”. Wie ein solcher Kampf aussieht, zeigt sich in Erfurt. Dort hat sich die Gruppe Neue Stärke vor allem durch brutale Übergriffe einen Namen gemacht, zuletzt im August 2020, als Mitglieder drei Männer aus Guinea verprügelten. Auch Parteichef Michel Fischer ist einschlägig vorbestraft. 2012 verprügelte er ein 13-jähriges Kind – dabei half ihm sein Vater, der ebenfalls ein umtriebiger Neonazi ist. Man kann davon ausgehen, dass solche Übergriffe Vorbildcharakter haben sollen: “Was Erfurt schafft, das schafft ihr auch”, tönen die Neonazis auf ihrer Website. Garant dafür könnte der Neonazi Patrick Schmidt aus dem Raum Magdeburg sein, der in der Partei den Posten des stellvertretenden Bundesvorsitzenden bekleidet. Der mehrfach vorbestrafte Gewalttäter kann zwar auf keine politische Erfahrung zurückblicken, hat dafür aber Jugendliche mit Holzlatten durch seinen Heimatort gejagt. Auch der nach Parteiangaben aus Gera stammende Rechtsextreme Bryan Kahdes, der sich mit Michel Fischer den Vorsitz teilt, ist bislang kaum in Erscheinung getreten. Florian Grabowski, ebenfalls einer der stellvertretenden Vorsitzenden, stammt aus dem Umfeld freier Kameradschaften. Er agitierte in Rheinland-Pfalz vor einigen Jahren erfolglos für die Partei Die Rechte.

via zeit: Resterampe für heimatlose Neonazis