In Essen wurde ein mutmaßlich rechtsextremer Anschlag verhindert. Geplant haben soll ihn ein Schüler. Wie kommt es, dass sich insbesondere junge Männer so radikalisieren? Material zum Bau einer Bombe, selbstgebaute Schusswaffen, antisemitisches und rassistisches Textmaterial und Neonazisymbolik – das alles fand die Polizei am Donnerstag in dem Zimmer eines 16-jährigen Schülers in Essen. Der Verdacht: Er habe mutmaßlich einen rechtsextremistisch motivierten Anschlag an seiner Schule geplant. Mehr ist zu den Hintergründen bisher nicht bekannt. Gegen den Schüler wurde inzwischen ein Haftbefehl erlassen. Auch in Halle, Christchurch, Hanau oder München waren es rechtsextreme Männer, die Terroranschläge verübten. Was Männlichkeit mit rechter Gewalt zu tun hat, darüber sprachen wir mit Judith Rahner von der Amadeu-Antonio-Stiftung.  ze.tt: Frau Rahner, Sie beschäftigen sich in Ihrer Arbeit mit der Prävention von Rechtsextremismus. Warum sind es meistens Männer, die rechtsterroristische Attentate verüben oder diese planen? Judith Rahner: Das liegt in erster Linie daran, dass Gewalt dicht mit Männlichkeit verknüpft ist. Das heißt nicht, dass Frauen keinen rechtsextremen Terror verüben. Aber tätliche Gewalt ist gesamtgesellschaftlich männlich konnotiert. So haben Männer eine höhere Affinität zu Waffen oder interessieren sich mehr für Körperlichkeit. Viele eifern dem Ideal eines muskelbepackten, starken Mannes nach. Das hat mit ihrer Sozialisation zu tun. Also damit, wie junge Männer in dieser Gesellschaft geprägt werden und wie sie aufwachsen. Oft wird von ihnen erwartet: Sei stark, sei hart, sei männlich, setz dich durch und steh für deine Sache ein. Diese Art, Männer zu adressieren, beinhaltet viel von dem, was im Rechteextremismus von Männlichkeit erwartet wird. ze.tt: Trotzdem werden ja nicht alle Männer, die so geprägt wurden, Rechtsterroristen. Rahner: Es geht nicht um Männer oder Männlichkeit, sondern um toxische Männlichkeit und um das Ideal eines überlegenen, soldatischen Mannes, der im Zentrum rechtsextremen Denkens steht. Sie unterscheiden sich vorrangig in der Radikalität von anderen Männern in der Mitte der Gesellschaft (…) ze.tt: Einige rechtsterroristischen Attentäter der vergangenen Jahre – unter anderem in Christchurch oder Halle – waren bekennende Frauenhasser und standen der Incel-Gemeinde nah, einer Gruppe von Männern, die glauben, ein Recht auf Sex und Frauen zu haben. Incels machen Frauen dafür verantwortlich, dass ihnen dieses Recht verwehrt bleibt. Welchen Einfluss kann dieser Frust auf eine Radikalisierung haben? Rahner: Frauenhass, Misogynie und Sexismus sind zentrale Komponenten der rechtsextremen Ideologie. Im rechtsextremistischen Weltbild sind Frauen nur dazu da, Kinder zu gebären, also für den Erhalt der weißen “Rasse” zu sorgen. Und alle Frauen, die davon abweichen, sind eine Gefahr. Also lesbische Frauen, Politikerinnen, linke Frauen, migrantische Frauen, Sexarbeiterinnen, Frauen, die Abtreibungen hinter sich haben. Im völkischen Verständnis sind das Feinde. Und als solche haben keinen Schutz verdient. Stattdessen schlägt ihnen Hass entgegen. Und das sind Narrative, die für frustrierte Männer sehr anschlussfähig sind.

via zett: Schüler in Essen : “Wer solche Gewalttaten begeht, wird schnell zum Helden der Szene”

siehe auch: »Ich hoffe, ich erreiche mehr Kills« #Terrorverdächtiger schrieb über #Amokläufer und #Nazivorbilder – #Essen #Schule Winnenden, Erfurt, Columbine: Der 16 Jahre alte Terrorverdächtige in Essen bezeichnete nach SPIEGEL-Informationen mehrere bekannte Amokläufe als »Inspirationen«. Auch Adolf Hitler wird zitiert. Der 16 Jahre alte Schüler, der einen Terroranschlag auf Schulen in Essen geplant haben soll, hat nach SPIEGEL-Informationen unter anderem den norwegischen Massenmörder Anders Behring Breivik als Vorbild aufgeführt. Die Polizei fand bei Durchsuchungen ein Manifest des Jugendlichen, in dem er über mehrere »Inspirationen« für seine Pläne schrieb, darunter den Amoklauf an der Columbine High School in den USA 1999 sowie die Amokläufe von Erfurt 2002 und Winnenden 2009. Überschrieben ist die Word-Datei nach SPIEGEL-Informationen mit »DBG-Massaker«. DBG könnte für das Don-Bosco-Gymnasium stehen, die aktuelle Schule des Jungen. Der Text beginnt mit einem Zitat von Adolf Hitler.