Ein interner Bericht der Bundespolizei zeigt, wie die Behörde mit der rechten Vergangenheit eines Polizeiprofessors umgeht. Wir veröffentlichen das Dokument. Bei der Bundespolizei konnte ein Mann trotz belegbar rechter Vergangenheit es bis zum Professor für Sicherheitspolitik bringen. Dies machte im August 2021 eine Recherche von Ippen Investigativ öffentlich. Die Bundespolizei untersuchte daraufhin den Fall ihres hochrangigen Ausbilders.  Wir veröffentlichen hier den internen Abschlussbericht der Innenrevision. Das als „vertrauliche Personalsache“ deklarierte Dokument gibt einen Einblick davon, wie die Bundespolizei mit dem kritischen Fall umgegangen ist. Und der Bericht wirft an manchen Stellen mehr Fragen auf als er Antworten gibt. Seit mehr als einem Jahrzehnt bildet der Politikwissenschaftler Stephan Maninger angehende Bundespolizist:innen aus, darunter auch Mitglieder der wohl bekanntesten deutschen Spezialeinheit: der GSG9. 2019 berief ihn das Bundesinnenministerium als Professor für Sicherheitspolitik an den Fachbereich Polizei der Hochschule des Bundes am Standort Lübeck.  Was Maninger vor seiner Zeit als Polizeihochschullehrer getrieben hatte, machte im Sommer 2021 eine umfangreiche Recherche von Ippen Investigativ öffentlich: So hatte Maninger den neurechten Think Tank „Institut für Staatspolitik“ mitbegründet, der seit 2020 vom Bundesverfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft und beobachtet wird. Um die Jahrtausendwende veröffentlichte er Dutzende Texte in neurechten Medien wie der „Jungen Freiheit”, dem “Ostpreußenblatt” oder den „Blättern der Deutschen Gildenschaft”, in denen er beispielsweise vor einem „Ethnosuizid“ warnte und forderte, man müsse „Demographie als Waffe begreifen”. Maningers damalige Forderungen widersprächen „den Grundsätzen der freiheitlich-demokratischen Ordnung, dem Prinzip der Menschenwürde, dem Prinzip der Demokratie und dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit“, kommentierte der Politikwissenschaftler Hajo Funke. In den Neunziger Jahren trat Maninger in Südafrika als Pressesprecher der „Afrikaaner Volksfront“ in Erscheinung, einer separatistischen Koalition, die einen eigenen Volksstaat für Weiße in Südafrika forderte und in Teilen bereit war, diesen auch mit Gewalt zu erstreiten. Und er sprach 1998 als Redner auf der Veranstaltung eines rechtsextremen Vereins, bei der auch engste Unterstützer:innen der Rechtsterroristen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) anwesend waren. Maningers Name findet sich deshalb auch in den Ermittlungsakten zum NSU. (…) Die Innenrevision der Bundespolizei bestätigt in ihrem Bericht die zentralen Aspekte der Ippen Investigativ-Recherche über die rechte Vergangenheit von Polizeiprofessor Stephan Maninger. Allerdings wertet die Bundespolizei diese Zusammenhänge als weitestgehend unproblematisch: Dass Maninger gemeinsam mit zentralen Köpfen der Neuen Rechten wie Götz Kubitschek und Karlheinz Weißmann das „Institut für Staatspolitik“ (IfS) gründete, sei laut Bericht „unstrittig“. Da eine Beobachtung des IfS durch den Verfassungsschutz jedoch erst 2020 erfolgte und Maninger im Jahr nach der Gründung aus dem Trägerverein austrat, sei seine Rolle laut Innenrevision „unkritisch“ zu bewerten. Auch über den neurechten Think Tank „Institut für Staatspolitik” selbst fällt die Bundespolizei in dem Bericht ein zurückhaltendes Urteil: „Erkenntnisse, wonach es im IFS bereits zu diesem Zeltpunkt extremistische Bestrebungen oder rassistische Sichtweisen gegeben haben könnte, liegen nicht vor.” Rechtsextremismus-Experten wie Andreas Speit kritisieren hingegen schon lange, dass die Beobachtung des IfS durch den Verfassungsschutz Jahrzehnte zu spät kam. Keine Antwort gibt der Bericht auf die Frage, wie die zahlreichen Texte von Maninger in der Jungen Freiheit und anderen neurechten Medien zu bewerten sind. In diesen Texten warnte er vor drohendem „Ethnosuizid“, führte aus, „Die ‚Problemkinder‘ eines multikulturellen Deutschlands heißen am Anfang des nächsten Jahrtausends ‚Mehmet‘ und ‚Kaplan‘“ und prognostizierte für die Zukunft „verschwommene Frontlinien in multiethnischen Städten“. Dies mache ihm zufolge zukünftig sogar den Einsatz der Bundeswehr in „ethnischen Konfliktszenarien“ auch im Inland nötig. Ein solcher Militäreinsatz im Inneren wäre ein Verstoß gegen das Grundgesetz.  Eine so eindeutige Feststellung will die Innenrevision der Bundespolizei dazu jedoch in ihrem Bericht nicht geben. Dort heißt es lediglich: „Für eine abschließende Bewertung, ob sich die zitierten Aussagen innerhalb der Grenzen der freiheitlich- demokratischen Grundordnung bewegen oder mit dieser nicht in Einklang zu bringen sind, ist ggf. ein Rechtsgutachten erforderlich.“

via fragdenstaat: Interner Untersuchungsbericht: Wie unkritisch die Bundespolizei die rechte Vergangenheit eines Polizeiprofessors bewertet