Desinformation und Echokammern in sozialen Netzwerken gelten als Gefahr für die Demokratie. Jetzt kommt durch eine Studie raus: Die Nutzerinnen sind sich der Echokammern bewusst – und treten regelmäßig außerhalb dieser in Aktion. Wissenschaftlerinnen haben in einer Studie das Verhalten von deutschen Twitter-Nutzerinnen bei der Europawahl untersucht. Als Ergebnis haben sie die Annahme widerlegt, dass rechtsradikale Nutzer:innen abgeschlossene Echokammern bilden würden. In Echokammern konsumieren die Nutzerinnen – ähnlich wie bei einer Filterblase – nur Meldungen, die in ihr Weltbild passen. Sie bestärken ihre Ansichten in diesen Kammern gegenseitig und radikalisieren sich auf diese Weise. Die Befunde der Forscherinnen legen nun aber vielmehr „die Existenz einer selbstbewussteren Form von Echokammern nahe.“ Die in der Studie als „kontrovers“ bezeichneten rechten bis rechtsradikalen Nutzerinnen bleiben demnach nicht nur in ihrer Kammer. Sie verbreiten ihre Meinung auch unter seriösen Nachrichten-Tweets, sowie unter den Tweets der „nicht-kontroversen“ Nutzerinnen. Dabei sind sie besonders unter Nachrichten-Tweets aktiv, die sich sachlich mit Themen wie Flucht, Islam und Einwanderung auseinandersetzen. Des Weiteren teilen sie oft Artikel von den etablierten Publikationen „Welt“ oder „Bild“. (…) Zu den tendenziösen bis extremen Medien gehörten laut der Studie Epoch Times, Philosophia perennis, Journalistenwatch, Tichy’s Einblick und die Junge Freiheit – allesamt Publikationen aus dem rechten bis rechtsradikalen Spektrum. Die „nicht-kontroversen“ Nutzer wiederum interagieren nicht mit Tweets der kontroversen Userinnen. Sie ignorieren vielmehr diese Inhalte. So antworten sie zum Beispiel nicht unter Tweets, in denen  rechte Medien geteilt werden. Zwar seien die extremen Nutzerinnen in der Minderheit, aber ihre Tweets hätten eine deutlich größere Reichweite, als die von gemäßigten Nutzern, heißt es in der Studie. Grund dafür sei die gute Vernetzung dieser Klientel, das generiere viel Einfluss auf Twitter. Außerdem haben die Forschenden untersucht, mit wem die User*innen auf der Plattform interagieren. Auf diese Weise konnten sie Communitys, welche durch enge Interaktion gekennzeichnet sind, aufdecken.  Diejenigen, die zu einer Community gehören, haben „untereinander einen signifikant höheren Kontakt, als mit Benutzern aus anderen Gruppen.“

via netzpolitik: Rechtsradikale auf Twitter:  Sendungsbewusstsein außerhalb der Echokammer

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