In einem Prozess gegen mutmaßliche Schleuser setzt das Landgericht Erfurt eine Schöffin ein, die rechte Demos organisiert und an einem NPD-Treffen teilgenommen hat. Die Vereinigung der Ehrenamtlichen Richterinnen und Richter Mitteldeutschlands ruft die Justiz zum Handeln auf. Das Landgericht schweigt zu dem Fall. Zum Prozessauftakt Anfang Januar im Erfurter Landgericht macht die Schöffin einen eher unscheinbaren Eindruck. Gitta Kritzmöller im grauen Blazer richtet ihre schwarze Leselampe neu aus, blättert in den Prozessunterlagen und mustert die anderen Prozessbeteiligten. Deutlich agiler zeigt sich die Mathematik- und Physiklehrerin bei Demonstrationen, die sie anmeldet und mitorganisiert. Im November beispielsweise hatte Kritzmöller eine Kundgebung vor dem Erfurter Landtag bei der Stadt angemeldet – für 10.000 Personen. Für das Bühnenprogramm hatte die Aktivistin ein regelrechtes Who-is-Who der extremen Rechten gewinnen können. Vor rund 2.000 Menschen, die schließlich vor den Landtag gekommen waren, traten als Redner auf: Björn Höcke, dessen AfD-Landesverband vom Thüringer Verfassungsschutz als “erwiesen rechtsextremistische Bestrebung” eingestuft wird; Jürgen Elsässer, Herausgeber des “Compact Magazins”, das das Bundesamt für Verfassungsschutz als “gesichert extremistische Bestrebung” einstuft; Lutz Bachmann von der Dresdner Pegida-Bewegung sowie Martin Kohlmann von der Regionalpartei “Freie Sachsen”. Beide Zusammenschlüsse stuft der sächsische Verfassungsschutz als “gesichert extremistisch” ein. Als stellvertretender Versammlungsleiter fungierte in Erfurt ein bekannter und mehrfach vorbestrafter Rechtsextremist aus Gera. Vor diesem Hintergrund ruft die Vereinigung der Ehrenamtlichen Richterinnen und Richter Mitteldeutschlands die Thüringer Justiz zum Handeln auf. Es sei “Aufgabe der Justiz, bei gröblichen Pflichtverletzungen gegen amtierende Schöffen einzuschreiten”, teilt Verbandsvorstand Marko Goschin auf MDR-THÜRINGEN Anfrage mit: “Wir würden es begrüßen, wenn die Verantwortlichen rasch tätig würden.” Goschin, ein erfahrener Schöffe an sächsischen Landgerichten, verweist dazu auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das “die Pflicht zur Verfassungstreue der ehrenamtlichen Richter” herleite.

via mdr: Landgericht Erfurt setzt rechte Aktivistin als Schöffin ein

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