Immer wieder finden Ermittler Feindeslisten bei Rechtsextremen – und Sicherheitsbediensteten. Die Linke sieht eine „echte Gefahr“. Als im Dezember die Bundesanwaltschaft deutschlandweit terrorverdächtige Reichsbürger:innen durchsuchen und festnehmen ließ, stießen die Ermittler:innen auch auf drei Feindeslisten. 50 Namen politischer Gegner:innen waren dort insgesamt aufgeführt. Eine Aufzählung des Bundesjustizministeriums macht nun klar: Solche Listen sind in rechtsextremen Kreisen inzwischen keine Seltenheit – und sie finden sich immer wieder auch bei früheren oder aktiven Sicherheitskräften. Laut einer Antwort des Ministeriums auf eine Linken-Anfrage sind dem Bundeskriminalamt aktuell 16 Feindeslisten in der rechtsextremen Szene sowie im Bereich „Sonstiges“ bekannt, wo Coronaleugner:innen oder Reichsbürger:innen einsortiert werden. Heikel: Etliche davon wurden bei Razzien von Terrorverdächtigen gefunden – so wie zuletzt bei den Reichsbürger:innen um Heinrich Prinz Reuß und mehrere frühere und aktive Soldaten und Polizist:innen. Auf einer der dortigen Listen waren 18 Spitzenpolitiker:innen wie Annalena Baerbock oder Saskia Esken aufgeführt. Die zweite Liste führte ebenso Politiker:innen und ihre Wahlkreisbüros sowie Anschriften von Ärzt:innen. Auf einer dritten Liste standen laut Ministerium die Daten von Personen aus dem näheren Umkreis eines Beschuldigten – die in „Gefährlichkeitsstufen“ eingeteilt waren. Aber auch in den Fällen des früheren Soldaten Franco A., der wegen Anschlagsplänen verurteilt wurde, sowie bei den unter Rechtsterrorverdacht stehenden Gruppen Nordkreuz, Atomwaffendivision, Nordadler, Knockout51 und der Gruppe S. fanden Ermittler solche Feindeslisten. Im Fall von Franco A. waren es gleich 4 Listen mit 32 Namen, denen jeweilige Berufe, die vermeintliche Gesinnung, persönliche Verhältnisse und teils Anschriften zugeordnet waren – darunter der frühere Außenminister Heiko Maas oder die Ex-Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung Anetta Kahane. Anschriften und Pkw-Kennzeichen notiert Brisant wird die Sache, weil nicht nur hier die Feindeslisten in den Händen von Uniformierten lagen. Auch bei der Gruppe Nordkreuz, in der auch Reservisten und Polizisten aktiv waren, fanden sich gleich 7 Listen – auch hier teils mit Anschriften, Geburtsdaten oder Telefonnummern. Die größte, mit gut 24.000 Namen, geistert seit Jahren durchs Internet und beruht auf einem Hack des „Impact Mailorder“ im Jahr 2015, einem linken Punkversand. Auch bei der „Gruppe S.“, die momentan in Stuttgart vor Gericht steht, unter ihnen auch ein Polizeiangestellter, fanden Ermittler die „Impact Mailorder“-Liste – dazu noch eine selbst zusammengetragene. Die Großliste fand sich auch bei der Atomwaffendivision, hier bei einem früheren Bundeswehrangehörigen, sowie bei Knockout51 und Nordadler. Knockout führte dazu noch zwei weitere Listen – eine mit Anschriften und Fahrzeugkennzeichen und eine weitere zu Beschuldigten aus einem Strafverfahren (…) Bei Nordadler führte ein Beschuldigter wiederum noch eine Liste mit Bilddateien von rund 4.000 Personen des öffentlichen Lebens. Daneben fand sich eine Textdatei mit 72 Personen und eine mit 31 deutschen Mitgliedern des Europäischen Parlaments.
via taz: Rechtsextreme nehmen Gegner ins Visier :Neonazis horten Feindeslisten