Jungle World ··· 22/2007 Sport ··· Früh übt sich
Im sächsischen Wurzen verwandelten 30 Jugendliche am »Vatertag« ein Juniorenfußballspiel in eine Nazidemonstration. Dass das bekannt wurde, lag vor allem an der Schiedsrichterin
Eigentlich hätte es ein ganz normales Spiel werden sollen, das die zwölf- bis 14jährigen Jungfußballer des ATSV Frisch Auf Wurzen da kürzlich gegen ihre Altersgenossen des VfB Fortuna Chemnitz auszutragen hatten. Zwar kämpfen beide Mannschaften in der Platzierungsrunde der C-Jugend-Landesliga Sachsen gegen den Abstieg, was der Partie einiges an Bedeutung verlieh. Aber in dieser Altersklasse geht es normalerweise doch eher ruhig zu. Wie gesagt: eigentlich. Denn das Spiel fand an Christi Himmelfahrt statt, am so genannten Vatertag also. Der geht regelmäßig bereits zur Mittagszeit mit dem Genuss von reichlich Alkohol einher, und wie es mit den Bräuchen so ist: Man pflegt sie oft schon in jungen Jahren, bisweilen auch in Kombination mit der Jagd auf vermeintliche oder tatsächliche Nichtdeutsche. Die Gruppe von knapp 30 Jugendlichen und jungen Erwachsenen jedenfalls, die sich am Nachmittag zu dem Jugendspiel im nahe Leipzig gelegenen Wurzen einfand, war stark angeheitert. Das mag die letzten Hemmungen beseitigt haben, wie aus dem mehrseitigen Zusatzbericht von Christine Weigelt (22) hervorgeht, die bereits seit zehn Jahren Schiedsrichterin und in der Frauen-Bundesliga als Assistentin tätig ist. Demnach wurden kurz nach dem Anpfiff die ersten Feuerwerkskörper gezündet und die Gäste aus Chemnitz sowie das Schiedsrichtergespann mit Parolen bedacht wie: »Du Judenschwein«, »Fick deine Mutter, du Judensau« und »Wir ziehen dir die Vorhaut runter, du Jude«. Auch das so genannte U-Bahn-Lied (»Wir bauen eine U-Bahn von Chemnitz bis nach Auschwitz«) fehlte nicht, gefolgt von der Aufforderung eines Zuschauers: »Los, wir formieren uns jetzt zu einem Hakenkreuz!«
siehe auch: Judenhass in der Kinderliga. “Fidschi”, “Ausländerschwein”, “fick dich, du Jude” – Zitate aus dem Spielbericht des Schiedsrichters eines Fußball-Jugendspiels im sächsischen Wurzen. Der Rassismus in Ostdeutschland hat die Kinderligen erreicht – und Verantwortliche finden alles gar nicht so schlimm